38 Jahre ist es her, seit Henri Husson und Séverine Serizy sich zum letzten Mal sahen. Henri hatte seinem Freund Pierre Serizy berichtet, dass seine Frau als "Belle de jour - Schöne des Tages" ein Doppelleben als Prostituierte in einem Freudenhaus führte. Nun begegnet er ihr während eines Konzerts in Paris wieder - und sofort ist er fasziniert von ihr und kann es kaum erwarten, sie zu sprechen. Séverine dagegen reagiert eher bestürzt, als sie Husson erkennt. Er folgt ihr durch die Straßen und bittet sie um ein Gespräch bei einem Abendessen. Séverine weicht zunächst aus, doch dann geht sie auf seine Einladung ein. Es wird ein Treffen, das von langem Schweigen geprägt ist, und in dem klar wird, dass beide ein völlig verschiedenes Verständnis des Vergangenen haben ...
1966 inszenierte Luis Buñuel die Geschichte Séverines und variierte darin sein wichtigstes, die meisten seiner Filme prägendes Thema: die Macht des Unbewussten, das sich in Träumen und Fantasien Bahn bricht, so dass sich Vorstellung und Realität auf komplexe, unentwirrbare Weise vermischen. Der portugiesische Regisseur Manoel de Oliveira, der 99-jährig zur gleichen Generation wie Buñuel zählt, knüpft an die Geschichte an. Allerdings steht bei ihm die Diskrepanz zwischen Vergangenem und Erinnerung im Mittelpunkt. Michel Piccoli verkörpert in einer wunderbaren Altersrolle erneut Henri Husson, während de Oliveira anstelle von Catherine Deneuve die weibliche Hauptrolle mit Bulle Ogier besetzte, die schon 1972 in "Der diskrete Charme der Bourgeoisie" für Buñuel vor der Kamera gestanden hatte.
Foto: ZDF/Sabine Lancelin/Onoma