Gelegentlich dehnte Vadmin Glowna seine Schauspieler-Karriere auch auf internationales Parkett aus, wie in Alberto Lattuadas "Warum bellt Herr Bobikow?" (1975), Alain Corneaus "Police Python 357" (1976), Sam Peckinpahs "Steiner - Das Eiserne Kreuz" (1976) und Bertrand Taverniers "Der gekaufte Tod" (1979). Mit einer realistischen Milieustudie aus St. Pauli gelang ihm 1981 ein interessantes Regiedebüt: "Desperado City". Der Film, der in Cannes ausgezeichnet wurde, ist ein Halbweltdrama ohne Tremolo, realistisch und düster.
1987 entstand die von der Kritik belächelte Joseph-Conrad-Verfilmung "Des Teufels Paradies". Hier haben vor allem die Schauspieler Jürgen Prochnow, Ingrid Caven und Mario Adorf glänzende Momente. Mit seiner damaligen Frau Vera Tschechowa gründete Glowna 1980 die eigene Filmproduktionsfirma Atossa-Film. Aus dem Jahre 1984 stammt ein eindringlicher Dokumentarfilm "Tschechow in meinem Leben" über die Künstlerfamilie seiner Frau Vera, der Tochter von Olga Tschechowa.
Die Fernseharbeiten sind häufig Theaterkonserven wie der Bremer "Held Henry" von Zadek (1964), "Frühlingserwachen" von Minks (1966). Doch Glowna spielte auch viele Charakterrollen, vornehmlich in Serien wie "Der Kommissar", "Derrick", "Der Alte", "Ein Fall für zwei", "Das Traumschiff", "Wolfs Revier", "Faust", "A.S." oder "Mordkommission". Glowna wuchs in Hamburg auf und studierte dort Theologie, brach das Studium jedoch ab. Während der Schauspielschule schlug er sich mit Gelegenheitsjobs durch. Entscheidend für seine Karriere war, dass Gustaf Gründgens ihn ans Hamburger Schauspielhaus holte. Darüber hinaus spielte unter anderem in Bremen im Theater am Goetheplatz und an den Kammerspielen in der Böttcherstraße bei Peter Zadek. Danach ging Glowna an die Münchner Kammerspiele, 1973 gab er in Hamburg sein Regiedebüt mit Ann Jellicoes Stück "Was ist an Tolen so sexy?"
1991 entstand unter seiner Regie "Eines Tages irgendwann" (1991) und im gleichen Jahr "Der Brocken" über eine Witwe auf Rügen, die sich auf sehr witzige Weise der habgierigen Wessis erwehrt. Diese deutsch-deutsche Komödie kurz nach der Vereinigung war 1992 bei den Internationalen Filmfestspielen von Berlin für den Goldenen Bären nominiert. 1983 war schon seine Regiearbeit "Dies rigorose Leben", ein Werk ohne Hoffnung, für den begehrten Preis nominiert worden: Deutsch-jüdische Emigranten der zweiten Generation geraten in Texas in einen Hexenkessel aus Liebe, Lebensangst und Gewalttätigkeit. Die Blues-Musik gibt dem Film seine eigenwillig melodramatische Atmosphäre. Für seine Rolle an der Seite von Hannelore Elsner in Oskar Roehlers Drama "Die Unberührbare" wurde Vadim Glowna schließlich im Jahr 2000 mit dem Bundesfilmpreis als bester Darsteller ausgezeichnet.
Fortan war Glowna ein gern besetzter Neben- und Hauptdarsteller - sowohl im Kino als auch im TV. So sah man ihn in Josée Dayans starbesetzten Mehrteiler "Les Misérables - Gefangene des Schicksals" (2000), Christopher Roth besetzte ihn in seinem Drama "Baader", in Jo Baiers Drama "Schwabenkinder" (2001) gab er den Vater, der gezwungen ist, seinen Sohn in Schwabenland zu schicken, in der Komödie "Dienstreise - Was für eine Nacht" (2003) stand Glowna mit dem späteren Oscar-Preisträger Christoph Waltz vor der Kamera, und in dem Historienfilm "Mein Name ist Bach" gab er den gefeierten Komponisten Johann Sebastian Bach.
Zwei Jahre später gehörte er zur Besetzung der hochgelobten Thriller-Reihe "Nachtschicht - Tod im Supermarkt", gefolgt von kleineren Rollen in Komödien wie "Alles was recht ist" (2008) oder Krimis wie "Håkan Nesser's Inspektor Barbarotti - Mensch ohne Hund" und "Tatort - Wie einst Lilly" (beide 2010). Seine letzte größere Rolle war die des Jorge da Costa in dem aufwändig inszenierten TV-Mehrteiler "Borgia (1)" (2011). Im Januar 2012 starb Glowna, der so gern Außenseiter und gebrochene Charaktere verkörperte, im Alter von 70 Jahren nach kurzer, schwerer Krankheit.
Weitere Filme mit Vadim Glowna: "Verbrechen mit Vorbedacht" (1967), "Tramp oder der einzige und unvergleichliche Lenny Jacobsen", "Liebe und so weiter" (beide 1968), "Horror" (1969), "Opfer", "11 Uhr 20" (TV-Mini-Serie), "Gezeiten"(alle 1970), "Leb wohl, Judas", "Die Tote aus der Themse" (beide 1971), "Ermittlungen gegen unbekannt" (1974), "Polly oder Die Bataille am Bluewater Creek" (1975, TV), "Die Brüder" (1976), "Das verschollene Inka-Gold", "Gruppenbild mit Dame", "Deutschland im Herbst" (alle 1977), "Freddie Türkenkönig" (1978), "Die Mars-Chroniken" (TV-Mini-Serie), "Geschichten aus dem Wienerwald", "Mein Partner Davis" (alle 1979), Monitor" (1980), "Polnischer Sommer", "Feine Gesellschaft - beschränkte Haftung" (beide 1981), "Tatort - Sterben und sterben lassen", "Der Konsul" (beide 1982), "Ein fliehendes Pferd", "Blaubart", "Ein Jahr der ruhenden Sonne" (alle 1984), "Das Totenreich" (1985), "Lucas lässt grüßen" (TV), "Wo immer du bist", "Er - Sie - Es", "Das Milliardenspiel" (alle 1988), "Die Mörderin", "Georg Elser - Einer aus Deutschland" (beide 1989), "Tatort - Blutspur", "Das zweite Leben", "Die Spitzen der Gesellschaft", "Projekt Aphrodite" (TV), "Drei D", "Stille Tage in Clichy" (alle 1990), "Die Bank ist nicht geschädigt", "Scheidung à la carte", "Tandem", "Zwei Supertypen in Miami - Der Kindermörder" (alle 1991), "Die Lügnerin", "Verflixte Leidenschaft" (beide 1992), "Im Himmel hört dich niemand weinen", "Tatort - Bauernopfer" (auch Regie), "Hörigkeit des Herzens" (alle 1993), "1945", "Anwalt Abel - Rufmord", "Die Männer vom K3 - Zu hoch gepokert", "Das gläserne Haus", "Heimliche Zeugen" (alle 1994), "Inka Connection" (TV-Mini-Serie, 1995), "Der Schnapper - Blumen für den Mörder" (auch Regie), "Dies verlauste nackte Leben", "Die Bibel - Salomon", "Dunckel" (alle 1997), "Das Datum", "Candy", "Das elfte Gebot" (alle 1998), "Rosa Roth - Die Retterin", "Polizeiruf 110 - Böse Wetter", "Todsünden - Die zwei Gesichter einer Frau" (alle 1999), "Das Traumschiff", "Kalt ist der Abendhauch", "Tatort - Quartett in Leipzig" (alle 2000), "Viktor Vogel - Commerical Man". "Verbotene Küsse", "Suck My Dick" (alle 2001), "Der alte Affe Angst", "Die Rückkehr des Vaters" (beide 2003), "Agnes und seine Brüder" (2004), "Sternzeichen" (2005), "Lapislazuli - Im Auge des Bären", "Das Haus der schlafenden Schönen" (auch Regie), "Vier Minuten" (alle 2006), "Ein starkes Team - Blutige Ernte" (2007), "Gonger - Das Böse vergisst nie", "Auftrag Schutzengel" (alle 2008), "Stubbe - Von Fall zu Fall - Kassensturz" (2010), "Ins Blaue" (2011),"Bloch - Der Fremde" (2012).
Weitere Regiearbeiten: "Der Alte" (TV-Serie, 1977), "Peter Strohm" (TV-Serie, 1988), "Eine Frau wird gejagt" (TV, 1995) und "Siska" (TV-Serie, 1998).
Foto: ZDF