Die drei Geschwister Julia (Nele Mueller-Stöfen), Tobias (Hans Löw, Mitte) und Stefan (Lars Eidinger) treffen sich, um Familienangelegenheiten zu besprechen.
In dem episodenhaften Drama "All My Loving" erzählt Edward Berger von drei Geschwistern in den Vierzigern, die jeweils eine persönliche Lebenskrise zu meistern haben.

All my loving

KINOSTART: 23.05.2019 • Drama • D (2019) • 116 MINUTEN
Lesermeinung
prisma-Redaktion
Originaltitel
All My Loving
Produktionsdatum
2019
Produktionsland
D
Laufzeit
116 Minuten

Filmkritik

Eisgekühlte Midlife-Crisis
Von Gabriele Summen

Das deutsche Drama "All my loving" erzählt in drei Episoden die Geschichte von drei Geschwistern, die sich ihrer Midlife-Crisis stellen müssen. Dem Zuschauer fällt es aber schwer, sich mit den Hauptfiguren zu identifizieren.

Regisseur Edward Berger begeisterte 2014 auf der Berlinale mit seinem äußerst subtilen Film "Jack", in dem zwei vernachlässigte Kinder sich auf die Suche nach ihrer Mutter begeben. Bei der diesjährigen Berlinale durfte der 49-Jährige sein Drama "All My Loving" präsentieren, das in der krisengeschüttelten Mittelschicht spielt. Das Drehbuch schrieb Berger wieder gemeinsam mit Nele Mueller-Stöfen, die abermals auch eine der tragenden Rollen spielt.

Ein Prolog des Films führt zunächst drei sehr unterschiedliche Geschwister um die 40 ein. Sie treffen sich in einem sterilen Restaurant, um anliegende Familienangelegenheiten zu besprechen. In drei Episoden setzt "All My Loving" anschließend die momentane Lebenssituation von Stefan (Lars Eidinger), Julia (Mueller-Stöfen) und Tobias (Hans Löw) in Szene. Das Geschehen beobachtet Regisseur Berger überraschend distanziert.

In der ersten Episode, die "Das wird schon wieder" betitelt ist, folgt Berger dem ziemlich klischeehaften, Porsche fahrenden Piloten Stefan, der in seiner schicken Uniform am liebsten Frauen aufreißt. Dann aber muss der sich gern weltmännisch gebende Stefan erfahren, dass der Gehörverlust, mit dem er seit ein paar Monaten zu kämpfen hat, für ihn das Ende seiner Karriere bedeutet. Eidinger spielt diese recht blass angelegte und unsympathische Figur – die merkwürdigerweise trotz Hörverlust keine Probleme hat, sich mit anderen zu verständigen -, mit dem ihm eigenen, großen Nuancenreichtum. In dem interessanteren Handlungsstrang um die uneheliche Teenager-Tochter Stefans, in dem Bergers Konzept des unaufdringlichen Beobachtens der Blicke und Gesten seiner Protagonisten aufgeht, vermag Eidinger den Zuschauer sogar emotional mitzunehmen.

Zu viel Distanz

Ganz anders der zweite Abschnitt des Films, überschrieben mit "Inglaterra, ein Traum", der den Betrachter trotz herzzerreißender Hintergrundgeschichte merkwürdig kalt lässt. Julia und ihr Mann Christian (Godehard Giese), die nach drei Jahren noch nicht über den Unfalltod ihres Sohnes hinweggekommen sind, verbringen ein langes Wochenende in Turin, um sich wieder näherzukommen. Doch als Julia einen verletzten Straßenhund entdeckt, kümmert sie sich nur noch um ihn. Obwohl dem Zuschauer klar ist, dass es sich um eine tragische Übersprungshandlung handelt, berührt einen die Misere des Ehepaares nicht, da Julia in ihrer Fürsorge für den Hund völlig überzeichnet ist und lächerlich-hysterisch agiert.

Wieder stärker und punktuell sogar auch mal erleichternd amüsant ist die letzte Episode, "Alles, was er anfasst", die sich um den Dauerstudenten und dreifachen Familienvater Tobias dreht. Dessen Frau sorgt für den Unterhalt, während er halbherzig versucht, endlich seine Diplomarbeit zu Ende zu bringen. Als der erkrankte Vater seinen Pfleger vergrault, bleibt der Schwarze Peter wieder einmal an Tobias hängen: Er muss sich um seine Eltern kümmern. Während die Mutter (sehr authentisch: Christine Schorn) in extremster Verdrängungsmanier das Haus renoviert, weigert sich der sturköpfige Vater (ebenfalls sehr glaubwürdig: Manfred Zapatka), zum Arzt zu gehen. Überdies arbeitet er seinen Frust auch noch an Tobias ab, den er für einen Versager hält, weil der Sohnemann kein eigenes Geld verdient.

Diese drei Episoden sind nur lose miteinander verbunden, auch wenn es am Ende, im dick aufgetragenen Epilog, zu einer Art Katharsis kommt. Letztlich führt der Versuch von Regisseur Edward Berger, jegliche Überdramatisierung zu vermeiden und seine schicksalsgebeutelten Figuren aus der Distanz zu beobachten, leider dazu, dass der Zuschauer sich kaum mit seinen Protagonisten identifizieren kann. Indem er redlich versucht, Klischeefallen zu umschiffen, lässt Berger sein Publikum mit recht schablonenhaft wirkenden Figuren aus der wohlhabenderen Mittelschicht auf dem Trockenen zurück. Und das ist bisweilen ganz schön langweilig.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

Darsteller

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