Ein gefeierter jüdischer Musiker im Angesicht des Nazi-Terrors: Als Wladyslaw Szpilman feierte Adrien Brody 2002 den bislang mit Abstand größten Erfolg seiner Karriere. Der US-Schauspieler mit polnisch-ungarischen Wurzeln war damals mit "Der Pianist" (Regie: Roman Polański) für zahlreiche große Filmpreise nominiert und gewann unter anderem einen Oscar als bester Hauptdarsteller. Über 20 Jahre später gibt es nun einen zweiten Film, den man mittelfristig als "definierend" für Brodys Karriere ansehen dürfte: "Der Brutalist". Wieder ist es eine (in diesem Fall fiktionale) Geschichte über einen Juden in der Weltkriegszeit, der irgendwie mit dem Leben davonkommt.
Wladyslaw Spzilman bibbert, zittert und kriecht in "Der Pianist" über zwei Stunden lang durch das von Nazis belagerte Warschau – nie sicher, ob er die nächste Stunde oder den nächsten Tag noch erlebt. László Tóth hingegen, Adrien Brodys Figur in "Der Brutalist", hat das Schlimmste schon hinter sich. Als Holocaust-Überlebender emigriert er 1947 nach Amerika, um neu anzufangen. Der Film von Regisseur Brady Corbet, der gemeinsam mit seiner Partnerin Mona Fastvold auch das Drehbuch schrieb, startet insofern mit einem kleinen Happy End, als der Protagonist überhaupt noch lebt.
Doch der entwurzelte László, der seine Frau (später eine tragende Rolle: Felicity Jones) bei seiner Abreise aus Europa zurücklassen musste, hat schwere Zeiten vor sich. Erniedrigung, Ausgrenzung, der Kampf mit inneren Dämonen – es geht auf der anderen Seite des Atlantiks nicht mehr auf die gleiche Weise um Leben und Tod wie in Ungarn, aber es werden doch brutale Jahre.
Nach seiner Ankunft in Amerika kommt Lászlo zunächst bei einem Cousin in Pennsylvania unter – es geht nur für eine kurze Weile gut. Lászlo landet er auf der Straße. Aus der Not heraus nimmt er kleine Jobs als Hilfsarbeiter auf dem Bau an. Und kommt dann auf Umwegen doch wieder seiner eigentlichen Berufung näher: Lászlo ist eigentlich Architekt, genoss am Dessauer Bauhaus eine gute Ausbildung. Sein Spezialgebiet ist der modern-minimalistische Brutalismus, daher auch der Filmtitel. Eines Tages eröffnet sich für Lászlo unverhofft die Möglichkeit, im Auftrag des Tycoons Harrison Lee Van Buren (Guy Pearce) ein monumentales Denkmal zu erreichten. Es wäre für den leidgeprüften Architekten, der in der neuen Heimat lange ein Fremder bleibt, eine Chance, wirklich wieder sein Glück zu finden. Wenn er nicht an diesem gigantischen Auftrag zerbricht oder an sich selbst scheitert.
"Der Brutalist" gehörte zuletzt zu den meist beachteten Produktionen der internationalen Filmbranche und räumte bereits zahlreiche große Preise ab – ein mitreißendes Kino-Erlebnis, urteilen viele, das man ähnlich wie damals "Der Pianist" nicht wieder vergisst. Nach dem Silbernen Löwen in Venedig (Beste Regie) wurde das Drama zuletzt auch bei den Golden Globes mehrfach ausgezeichnet (Beste Regie, Bester Hauptdarsteller, Bester Film). Zudem ist "Der Brutalist" für zehn Oscars nominiert. Adrien Brody könnte zum zweiten Mal in seiner Karriere in der Kategorie "Bester Hauptdarsteller" gewinnen.