Biomathematikerin Danielle (Alicia Vikander) und Wasserbauingenieur James (James McAvoy) treffen sich in der winterlichen Normandie. In einem schmucken, luxuriösen Hideaway-Hotel kommen sich die beiden attraktiven Singles näher. Danielle, die fremde Lebensformen in den tiefsten Schichten des Ozeans erforscht, wird sich bald auf eine gefährliche Tauchfahrt begeben. James verheimlicht seiner neuen Liebe hingegen, dass er für den britischen Geheimdienst arbeitet und in Afrika vor allem Terroristen bekämpft – und nicht nur für sauberes Wasser sorgt. Nach Tagen des märchenhaften Glücks müssen sich die beiden Liebenden trennen. Bald will man sich wiedersehen. Doch Danielle kann James nicht mehr erreichen. Er sitzt als Gefangener einer islamistischen Gruppe in einem afrikanischen Kerker.
Wim Wenders inszenierte den romantisch-philosophischen Thriller nach dem gleichnamigen Roman des Schotten J. M. Ledgard, einem ehemaligen Afrika-Korrespondenten und Kriegsreporter. In Amerika, wo der bildgewaltige Liebesfilm schon im Frühjahr Premiere feierte, erntete er eher schwache Kritiken.
Dass "Grenzenlos" von jenem Moment an, da die Liebenden sich trennen, in zwei Filme zerfalle, die nur daraus bestehen, dass Danielle und James der gemeinsamen Zeit hinterhertrauern, war ein häufig angeführtes Daumen-runter-Argument der US-Presse. Zu Unrecht! Zwar springt die elegische Erzählung immer wieder zwischen beiden Protagonisten hin und her – und spielt dazu noch mit Erinnerungen an Vergangenes –, doch das ist bereits im hochgelobten Roman der Fall. Drehbuchautorin Erin Dignam ("The Last Face") übernahm die frei flottierende Struktur, das gefiel vielen professionellen Betrachtern nicht. Tatsächlich geht der verführerische Sog der Erzählung nach den frühen, starken Anfangsszenen in der Normandie ein wenig verloren.
Doch der Film hat auch seine Stärken. Zuallererst Vikander und McAvoy als überaus ansehnliches, aber auch sensibles Paar – sie spielen die Melancholie der Vergänglichkeit traumhaft schöner Momente auf hohem Niveau. Die feine Kamera des Belgiers Benoît Debie ("Every Thing Will Be Fine") und der orchestrale Soundtrack von Fernando Velázquez ("Colonia Dignidad") runden das wuchtige Kinoerlebnis ab. "Grenzenlos" gehorcht durch und durch einer Ästhetik des europäischen Kinos – obwohl er mit in Hollywood gut im Geschäft befindlichen Mimen und dem Siegel "Romantik" arbeitet. Die Handlung ist dünn, selbst wenn eine spannende Frage bis zum Ende bleibt: Werden die Liebenden sich wiedersehen?
Wenders' zweiter Film des Jahres 2018 nach seiner verführerisch guten Papst-Doku "Papst Franziskus - Ein Mann seines Wortes" erinnert an die Ästhetik Terrence Malicks ("The Tree of Life"), wobei die Poesie von "Grenzenlos" ein wenig konzentrierter wirkt als die letzten, arg zerfaserten Werke des amerikanischen Regie-Solitärs. Wer in Bildern und Dialogen über die Wurzeln terroristischer Gewalt baden, die biologischen Geheimnisse des Lebens ergründen und in einer Meditation über die Liebe zerfließen will, dem kann man Wenders' ambitionierten Liebesfilm durchaus empfehlen. Nach sinnlichen eindreiviertel Stunden stolpert man doch irgendwie inspiriert ins schnöde Draußen.
Quelle: teleschau – der Mediendienst