Gemeinsam trainieren Irakli (Bachi Valishvili, links) und 
Merab (Levan Gelbakhiani) für ein wichtiges Vortanzen.
In Cannes gefeiert, in seiner Heimat angefeindet: "Als wir tanzten" ist ein berührendes Liebesdrama aus Georgien.

Als wir tanzten

KINOSTART: 23.07.2020 • Drama • GO/S (2019) • 113 MINUTEN
Lesermeinung
prisma-Redaktion
Originaltitel
And Then We Danced
Produktionsdatum
2019
Produktionsland
GO/S
Einspielergebnis
416.167 USD
Laufzeit
113 Minuten

Filmkritik

Antanzen gegen den Hass
Von Sven Hauberg

Sinnliche Blicke, überhaupt alles Erotische, habe im georgischen Tanz nichts zu suchen, schimpft der strenge Lehrer zu Beginn von "Als wir tanzten". Erst recht keinen Platz hat in so einem Umfeld eine Liebe zwischen zwei Männern.

In Georgien selbst scheinbar auch nicht: Als der Film von Levan Akin im vergangenen November in der Hauptstadt Tiflis gezeigt wurde, kam es zu wütenden Protesten, 27 Menschen wurden verletzt, Kinos standen unter Polizeischutz. Der Mob, der da auf den Straßen homophobe Parolen brüllte, zeigte nicht nur, wie wichtig Filme wie "Als wir tanzten" noch immer sind – er verpasste auch eine der schönsten Liebesgeschichten seit "Call Me By Your Name".

"Als wir tanzten" erzählt von Merab (Levan Gelbakhiani), einem jungen Mann, der von einer Karriere als Profitänzer träumt. Seit seiner Kindheit trainiert er für einen Platz im Georgischen Nationalensemble, abends jobbt er als Kellner in einem Restaurant, um seine verarmte Familie über die Runden zu bringen.

Als Irakli (Bachi Valishvili) neu zu Merabs Tanzgruppe stößt, ist der Mann aus der Provinz nicht nur Konkurrent für Merab um einen freigewordenen Platz im Nationalensemble. Zwischen den beiden Tänzern entwickelt sich eine Romanze, für die in Georgien niemand Verständnis hat. Während Irakli seine Liebe zu Merab geheim hält, will sich der nicht verstecken.

Regisseur Levan Akin hat mit "Als wir tanzten" einen trotz seiner Thematik wunderbar leichten, schwebenden Film gedreht, der seine Protagonisten zwischen den Zwängen alter Traditionen und dem Wunsch nach Freiheit hin und her taumeln lässt. Im Profitänzer Levan Gelbakhianid, der hier erstmals vor der Kamera stand, hat er einen fantastischen Hauptdarsteller gefunden. Mit zarten Gesten und Blicken bringt er Merabs Zerrissenheit zum Ausdruck.

Nebenbei gibt der fantastisch fotografierte Film, der im vergangenen Jahr in Cannes eine umjubelte Premiere feierte, Einblicke in eine faszinierende Kultur, die so viel mehr zu bieten hat als nur wütende, homophobe Demonstranten.

Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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