Samir (Samir Guesmi) arbeitet als Kranfahrer in einem Pariser Vorort. Nicht gerade ein aufgeregender Job, nicht gerade ein aufregendes Leben. Das ändert sich, als er in einer Bar die etwas ruppige Agathe (Florence Loiret-Caille) bemerkt und sich Hals über Kopf in sie verliebt. Doch wie an eine solche Frau herankommen?
Auch Agathes Leben ist derzeit nicht wirklich aufregend. Tagsüber arbeitet sie als Bademeisterin, abends und nachts versucht sie entweder sich die Männer vom Leib zu halten, von denen sie als junge Witwe mehr als nur die Schnauze voll hat, oder sie lässt sich in ihrem Schwimmbad einsperren, um einsam und in Ruhe ein paar Bahnen zu ziehen und die Athmosphäre zu genießen. Sie möge die Geräusche, die Lichter, die Reflexionen auf dem Wasser. Das sei ein wenig wie in einem Aquarium, sagt sie.
Ein paar Tage später begegnen sich die beiden dann doch, im Schwimmbad. Samir will einen Schwimmkurs bei Agathe belegen, um sie kennzulernen. Zwar kann Samir hervorragend schwimmen, doch sein Plan scheint aufzugehen. Trotz der skurrilen, teilweise obszänen Kollegen von Agathe finden die beiden immer wieder Momente, in denen sie sich näherkommen. Und dann, eines Abends, wird Samir in einer der Kabinen eingesperrt. Das Schloss ist defekt, im Schwimmbad gehen die Lichter aus, und er glaubt allein zu sein. Bis er in einem der Schwimmbecken Agathe begegnet.
Diese Nacht wir ihr Leben verändern. Zuerst scheint es, als ginge Samirs Plan auf, die beiden landen auf einem der Fünf-Meter-Bretter, die durchaus romantische Stimmung des Ortes tut sein Übriges, doch dann platzt Agathes Bademeisterkollege und Schürzenjäger Reboute (Philippe Rebbot) mit zwei betrunkenen Damen in die Szene, die zügig eskaliert. Eine der beiden, vom Champagner mitgenommen, fällt in das Becken und droht zu ertrinken. Und Samir? Folgt seinem Instinkt und rettet sie mit einem beherzten Sprung. Sein Schwindel fliegt auf, Agathe fühlt sich in ihrem Männerbild bestätigt und nimmt reißaus, erst aus dem Schwimmbad, dann aus dem Land, und reist zu einem internationalen Bademeisterkongress nach Island.
Von diesem Punkt an wird aus der fast schon typisch französischen Liebeskomödie, die spröde, aber liebenswert von den Annäherungsversuchen zweier mitten im Leben stehender Pariser erzählt, ein kleines, modernes Märchen. Vom Pariser Vorort Montreuil nach Island sind es zwar einige tausend Kilometer, doch Regisseurin Sólveig Anspach, die isländische Wurzeln hat, gelingt dieser Sprung mühelos.
Vor allem aber gelingt es ihr, all die absonderlichen und vor allem eigenständig absonderlichen Figuren, die sie in diesem Film einbaut, nicht gegeneinander auszuspielen, sondern jeder von ihnen ihren Raum zu lassen. Da wären etwa noch Anna (Didda Jonsdottir), die sich den Job als Stadträtin in Island mit dem strubbeligen Frosti (Frosti Runólfsson) teilt und deren Sohn heimlich Foie gras in einer Scheune produziert, da wäre Agathes Kollegin im Pariser Schwimmbad, die Samir sogar bis in die Dusche nachstellt, um zu kontrollieren, "ob er sich richtig einseift" oder die forsche Sofia (Johanna Nizard), die ebenfalls an dem Bademeisterkongress in Island teilnimmt.
Überhaupt sind es in diesem Film die Frauenrollen, die begeistern. Während Samir manchmal sogar ein wenig zu tumb rüberkommt und die anderen Männern entweder Weiberhelden oder Waschlappen sind, lässt Sólveig Anspach ihre weiblichen Protagonisten auftrumpfen. Das ist charmant, das ist zeitgemäß, und es macht vor allem einen irrsinnigen Spaß. Dazu porträtiert Anspach sowohl die Pariser Vorstadt als auch das rauhe, karge Island mit seinen Quellen und seinen Menschen so gewinnend, das man am liebsten gleich selbst ins Flugzeug steigen und den beiden Hauptfiguren hinterherreisen möchte.
Beim Humor schlussendlich schrammt "Der Effekt des Wassers" immer wieder haarscharf am Klamauk vorbei, seine Pointen sitzen derart auf den Punkt, die Einfälle der Regisseurin sind derart grotestek, die Annäherung an die Figuren und ihre Sexualität so diskret, es ist eine Freude.
Zusammen mit dem hinreißenden Soundtrack ist Anspach mit all diesen Mitteln ein Film gelungen, der sich nur schwer in Schubladen schieben lässt. Ein Stück Komödie, ein Stück Drama, eine Portion Märchen und eine Portion Romanze verschmelzen zu etwas, das sich nur schwer definieren lässt. Dass dies Anspachs letzter Film ist (die Regisseurin verstarb 2015 nach einer langwierigen Brustkrebserkrankung), schmerzt. Dass er noch fertiggestellt werden konnte, ist dennoch ein großes Glück.