Jäger und Fährtenleser Cory Lambert (Jeremy Renner) versucht das FBI bei der Aufklärung eines Mordes zu unterstützen.
"Wind River" ist ein eisiges Krimidrama, das in einem amerikanischen Indianerreservat spielt.

Wind River

KINOSTART: 08.02.2018 • Thriller • USA (2017) • 107 MINUTEN
Lesermeinung
prisma-Redaktion
Originaltitel
Wind River
Produktionsdatum
2017
Produktionsland
USA
Budget
11.000.000 USD
Einspielergebnis
184.770.205 USD
Laufzeit
107 Minuten

Filmkritik

Abgeschieden und abgeschoben
Von Christopher Diekhaus

In seinem frostigen Krimidrama nimmt Taylor Sheridan das harsche, perspektivlose Leben in einem amerikanischen Indianerreservat in den Blick.

Moderate Bekanntheit erlangte der Schauspieler Taylor Sheridan in der Rockerserie "Sons of Anarchy". Den großen Durchbruch schaffte der gebürtige Texaner aber erst mit seinen gefeierten Drehbüchern zu Denis Villeneuves Drogenthriller "Sicario" und David Mackenzies Neo-Western "Hell Or High Water". Inzwischen gilt Sheridan als eine spannende neue Stimme des US-amerikanischen Kinos, was er auch mit dem eisigen Krimidrama "Wind River" unter Beweis stellt. Für den in einem Indianerreservat spielenden Film schrieb er nicht nur die Vorlage, sondern übernahm außerdem die Regiearbeit, da ihm eine authentische Umsetzung des Stoffes sehr am Herzen lag.

Konzipiert als finales Kapitel einer Trilogie – "Sicario" und "Hell or High Water" bilden die ersten beiden Stufen – über moderne amerikanische Grenzen, wartet "Wind River" mit einem ebenso imposanten wie beklemmenden Einstieg auf: Inmitten einer endlos wirkenden Schneelandschaft rennt eine junge Frau, unter grellem Vollmondlicht, barfuß um ihr Leben. Einige Tage später wird der staatlich eingesetzte Jäger und Fährtenleser Cory Lambert (Jeremy Renner) auf ihre Leiche aufmerksam und erkennt, dass es sich bei der vergewaltigten Reservatbewohnerin um eine Freundin seiner vor drei Jahren unter ungeklärten Umständen ermordeten Tochter handelt. Nicht zuletzt deshalb ist der schweigsame Wildhüter bereit, die nur wenig später anrückende, noch recht unerfahrene FBI-Agentin Jane Banner (Elizabeth Olsen) bei ihren Nachforschungen zu unterstützen.

Stille und Einsamkeit

"Wind River" – so auch der Name des real existierenden Indianerterritoriums – beginnt wie ein klassischer Whodunit, also mit der Frage, wer für den schrecklichen Tod der 18-jährigen Natalie (Kelsey Asbille) verantwortlich ist. Krimikonventionen interessieren Sheridan jedoch nur am Rande. Vielmehr dient ihm der nicht gerade raffinierte, wenig wendungsreiche Ermittlungsplot, um sich eingehender mit Land und Leuten zu befassen. Luftaufnahmen des weiten, winterlichen Wald- und Bergpanoramas versetzen den Zuschauer in Staunen, führen ihm aber auch die Härte eines Lebens in der Abgeschiedenheit vor Augen. Immer wieder verschluckt die gewaltige Kulisse die klein und bedeutungslos erscheinenden Figuren. Und mehr als einmal wird betont, wie bedrückend Stille und Einsamkeit sein können.

Das Reservat zeigt der Regisseur als trostlosen Ort, voller kaputter Menschen, desillusionierter Eltern ohne Kontakt zu ihren Kindern und Jugendlicher, die fehlende Perspektiven mit Drogen und kriminellen Machenschaften bekämpfen. Eine auf dem Kopf stehende US-Flagge lässt erahnen, dass der viel beschworene amerikanische Traum hier schon lange keine Wurzeln mehr schlägt. Wut, Verzweiflung und Resignation liegen ständig in der Luft und schaffen ein gefährliches Klima, in dem Gewalt gut gedeihen kann.

Dass ihm die Protagonisten und ihre inneren Dämonen wichtig sind, unterstreicht Sheridan auch am Beispiel des Fährtenlesers, dem Jeremy Renner in einer seiner besten Darbietungen seit langer Zeit genau die richtige Mischung aus Verletzlichkeit und Härte verleiht. Lambert, dessen Ex-Frau (Julia Jones) selbst dem Reservat entstammt, hat den Tod seiner Tochter noch lange nicht verwunden, ist jedoch ein Kämpfer und schenkt Natalies tief getroffenem Vater (Gil Birmingham) in einer besonders emotionalen Szene auf leise, aber berührende Weise Trost.

Gewaltexplosionen auf der Zielgeraden

Einen gezielten Bruch mit dem lange Zeit bedächtigen Erzähltempo betreibt "Wind River" auf der Zielgeraden, wo es zu mehreren krassen Gewaltexplosionen kommt. An dieser Stelle zeichnet Sheridan möglicherweise mit etwas dicken Pinselstrichen, zeigt so allerdings sehr anschaulich, dass männliche Frustrationen, Langeweile und Isolation ein tödliches Gebräu ergeben können. Diskussionswürdig ist sicher auch der am Ende vollzogene Akt der Selbstjustiz. In Erinnerung bleibt aber ebenso die schreckliche Ungerechtigkeit, die amerikanische Ureinwohner noch heute ertragen müssen. Nach wie vor werden sie abgeschoben, an den Rand gedrängt und damit eines menschenwürdigen Lebens beraubt.

Quelle: teleschau – der Mediendienst

Darsteller

Prädestiniert für die Rolle des klassischen Anti-Helden: Jeremy Renner.
Jeremy Renner
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