Die beiden Schwestern Maria (Maria Dragus, links) und Hannah (Anna Bachmann) stehen sich sehr nahe.
Felix Hassenfratz erzählt in seinem Drama "Verlorene" eindringlich vom Missbrauch innerhalb einer Familie.

Verlorene

KINOSTART: 17.01.2019 • Drama • D (2018) • 95 MINUTEN
Lesermeinung
prisma-Redaktion
Originaltitel
Verlorene
Produktionsdatum
2018
Produktionsland
D
Laufzeit
95 Minuten

Filmkritik

Wachet und betet
Von Gabriele Summen

In seinem kammerspielartigen Familiendrama "Verlorene" erzählt Felix Hassenfratz eindringlich von Missbrauch in einer stark christlich geprägten Familie.

"Solange er misch hat, wird Dir nix passiere", sagt die 18-jährige Maria zu ihrer jüngeren Schwester, nachdem diese dahinter gekommen ist, dass Maria von ihrem Vater missbraucht wird. Felix Hassenfratz' in badischem Dialekt gehaltener Debüt-Langfilm "Verlorene" wagt sich an ein brisantes und im Rahmen der "MeToo"-Debatte mehr denn je aufgeflammtes Thema. Ein Drama, das unter die Haut geht und Verständnis dafür weckt, warum Missbrauchsopfer häufig so lange ihr Schweigen nicht brechen. Maria Dragus und Anna Bachmann brillieren in der Rolle der "verlorenen" Schwestern, und Clemens Schick beweist Mut und schauspielerisches Können, indem er tief in die Rolle des übergriffigen Vaters einsteigt.

Wie selbstverständlich nimmt sich der nach außen hin freundliche, aber autoritäre Zimmermannmeister Johann (Schick), was er glaubt, das ihm seit dem Tod der Mutter seiner Töchter zusteht: Nicht nur, dass er die begabte Orgelspielerin Maria (Dragus) in die Rolle der Hausfrau und Mutter drängt. In einer abgelegenen Hütte nahe des stark christlich geprägten Dorfes, in der die Familie lebt, vergeht er sich auch noch regelmäßig an ihr.

Maria, die sich im Gegensatz zu ihrer aufsässigen, zuweilen aufreizend gekleideten Schwester Hannah (Bachmann) in altmodische Kleider hüllt, ist schon so sehr in ihrer Opferrolle gefangen, dass Hannah Mühe hat, sie zu überreden, an der Aufnahmeprüfung der Musikhochschule teilzunehmen.

Doch obwohl die Musik von Johann Sebastian Bach und das Orgelspiel ihre einzige Zuflucht sind, wird sie ihr Studium nach bestandener Prüfung nicht antreten. Zu sehr mehren sich die Zeichen, dass der Vater sich in ihrer Abwesenheit womöglich an der jüngeren Schwester vergehen wird. Dies will Maria um jeden Preis verhindern, denn die beiden Schwestern stehen sich unglaublich nahe, was die beiden Hauptdarstellerinnen des Anti-Heimatfilms, der den Arbeitstitel "Blutsschwestern" trug, atemberaubend zu vermitteln wissen.

Als jedoch Valentin (Enno Trebs), ein fescher Geselle auf der Walz, für einige Zeit bei ihrem Vater anheuert, verliebt Maria sich gegen alle Vernunft in den nach Freiheit duftenden, liebevollen jungen Mann, der ebenfalls in einer mutterlosen Familie aufwuchs. Aber die durch die unsägliche Doppelmoral des Vaters in ihren Grundfesten verunsicherte Maria, die sich heimlich "da unte" ritzt, um ihre seelischen Qualen zu lindern, kann ihre Gefühle für ihn nicht ausleben.

Irgendwann kommt die rebellische Schwester hinter das ungeheuerliche Familiengeheimnis, das der Zuschauer durch geschickt eingefangene Blicke und Gesten (Kamera: Bernhard Keller) längst erspürt hat. Hannah will Marias selbstloses Opfer nicht annehmen und sie um jeden Preis retten.

Atmosphärisch ungeheuer dicht weiß Hassenfratz, der auch das Drehbuch geschrieben hat, den krassen Gegensatz zwischen dem Missbrauch und dem scheinbar normalen Familienleben in der Gemeinde, die von all dem natürlich nichts mitbekommt und stattdessen lieber über den windigen Wandergesellen tratscht, zu inszenieren.

"Wachet und betet", singt Maria einmal voller Inbrunst bei einem Gottesdienst im verdunkelten Messraum, wo ihre Schwester, Valentin und ihr Vater eine Kerze an der ihren entzünden – dass dies nicht ausreicht und wie wichtig es ist, egal, in welchen sozialen Verhältnissen man lebt, das Schweigen zu brechen, weiß das düstere, universell gültige Familiendrama dem Zuschauer eindringlich nahezubringen.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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