Frankas Durchbruch war da, als sie in "Nach fünf im Urwald" (1996 Bayerischer Filmpreis) bewies, dass brave Mädchen im Himmel landen, freche Mädchen mitten im Leben. Damit gab sie dem Mythos der Lola ein neues Gesicht. Die Lola in "Der blaue Engel" war 1930 Ausgangspunkt für Marlene Dietrichs Weltkarriere als verruchter Vamp. Max Ophüls' "Lola Montez" (1955) und Rainer Werner Fassbinders "Lola" (1981) gaben der Legende neue Nahrung. Während die Lola der früheren Jahren tänzerisch die Blicke auf sich zog, ist die moderne Lola überaus laufstark. Franka erklärt das so: "Als ich das Buch las, sah ich in der Leidenschaft Lolas das aufregende Lebensgefühl der auslaufenden 90er."
"Die drei Mädels von der Tankstelle" (1996) mit Wigald Boning ist dagegen ein schlechter Scherz. Kein Anruf aus Hollywood startet ihre Kinokarriere, aber der Anfang klingt trotzdem wie im Märchen. "Wäre ich nicht aufs Klo gegangen, säße ich heute nicht hier", erinnert sich Franka an den ungewöhnlichen Karrierestart auf der Damentoilette einer Münchner Szenekneipe, wo die Schauspielschülerin von einer Casting-Agentin angesprochen wurde. In München, wohin Franka als 19-Jährige zog, besuchte sie die Otto-Falckenberg-Schauspielschule, drehte als Ferienjob "Nach fünf im Urwald", brach 1996 die Ausbildung ab und hatte seitdem viele Angebote, meist schlechte, wie sie später einräumte. Das wurde nach "Lola rennt" anders. 1998 sah man sie in Doris Dörries Tragikomödie "Bin ich schön?" neben Iris Berben, Senta Berger, Joachim Król und Uwe Ochsenknecht. 1999 folgte ihr erster Thriller "Anatomie", 2000 drehte sie mit Johnny Depp das Drama "Blow". 2006 schließlich lieferte sie ihr sehenswertes Regiedebüt "Der die Tollkirsche ausgräbt" nach ihrem eigenen Drehbuch.
Weitere Filme mit Franke Potente: "Coming In", "Rennlauf" (beide 1997), "Downhill City" (1998), "Schlaraffenland", "Südsee, eigene Insel" (beide 1999), "Der Krieger und die Kaiserin" (2000), "All I Want", "Die Bourne Identität" (beide 2002) mit Matt Damon", "Blueprint", "Anatomie 2" (beide 2003), "Die Bourne Verschwörung", "Creep" (beide 2004), "Elementarteilchen" (2006), "Unter der Sonne Australiens", "Eichmann" (beide 2007), "La traque", "Che - Guerilla", "Die Brücke" (alle 2008), "Valerie" (2010), "Beate Uhse - Das Recht auf Liebe" (2011).
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Foto: farbfilm
Götz George hat er mal am Flughafen stehen lassen: "Weil der sich in senem Mantel so arrogant jedreht hat." Und Franka Potente "Kenn ick nüscht. Potente?" Kurtchen lacht. Vielleicht sollte er mal ins Kino gehen: Anatomie heißt Potentes neuer Film. Kurtchen chauffierte Prisma zum Interviewtermin.
Prisma: Welche Erfahrungen hast du schon mit
Berliner Taxi-Fahrern gemacht?
Franka Potente: Oh, wunderbare. Ich liebe Berliner
Taxifahrer. Ich habe ja jetzt erst mein eigenes Auto, daher
bin ich vorher verdammt viel Taxi gefahren. Die Berliner
Fahrer sind normalerweise sehr gesprächig und sehr süß. Der
letzte, mit dem ich gefahren bin, war der absolute Jazz-Freak
und hat mir erzählt, welche Instrumente seine Kinder spielen.
Ich hatte meine Geige mit, und so kamen wir auf das Thema.
Prisma: Wenn du das Temperament der Westfalen, der
Münchner und der Berliner vergleichst: Wo hast du dich bisher
am wohlsten gefühlt?
Potente: In Berlin habe ich eine Heimat gefunden. Ich
glaube, dass sich meine westfälische Mentalität am besten mit
der berliner verträgt. Das hat mit der münchner nicht so
funktioniert.
Prisma: Was hat dir an München nicht gepasst?< br> Potente: Ich mochte die Stadt nicht so gerne. Dieses Grantige und Preußenfeindliche fand ich ziemlich nervig. Berlin ist lebendiger, herzlicher, rauher und ehrlicher. Berlin war schon früher eine Stadt, in der ich immer einen Grund gesucht habe, noch länger zu bleiben.
Prisma: Wo treibst du dich in Berlin so rum?< br> Potente: Ich wohne in Mitte, dem ehemaligen Osten, wo es mir allerdings nicht mehr so richtig gefällt, weil es voller Baustellen ist. Es gibt aber auch total schöne Ecken. Ich mag die Gegend um die Hackeschen Höfe. Da sind schöne kleine Kinos. Am Oranienplatz ist ein gutes Originalfassungskino, der "Würgeengel" und der "Gorgonzola Club", wo ich gerne bin. Eines meiner Lieblingsrestaurants ist "Die Henne" in der Waldemarstraße. Da gibt's die krossesten Hähnchen überhaupt. Mein Freund Tom wohnt in Kreuzberg, deshalb bin ich da auch viel.
Prisma: Mittlerweile mit dem eigenen Auto.
Potente: Ja. Ich hatte vorher mit Taxifahrern
lediglich das Problem, dass sich viele im Osten immer noch
nicht auskennen. Trotz der netten Erfahrungen hat mich das
ständige Taxifahren richtig genervt. Man kann ja auch nicht
immer mit der U-Bahn fahren. Ich bin ein Nachtschwärmer und
gehe nie vor zwei, drei Uhr ins Bett. Wenn ich zum Beispiel
nach Kreuzberg zum Tom fuhr, musste ich dreimal die U-Bahn
wechseln, wenn sie denn so spät überhaupt noch ging. Mit
meinem Saab 900 bin ich jetzt viel mobiler.
Prisma: Kannst dann nur nichts trinken.
Potente: Och, ein bisschen trinken kann ich immer, und
spontan bei meinem Bruder in Friedrichshain vorbeischauen.
Prisma: Was macht der hier?
Potente: Der studiert Medizin in Dahlem.
Prisma: Er konnte dir also bei den Vorbereitungen
für "Anatomie" helfen?
Potente: Ja, ich habe mir ein paar Fach-Bücher
ausgeliehen und einen kleinen Sektionskurs gemacht. Während
der Schulzeit war ich zum Austausch ein Jahr in Amerika und
habe Anatomie belegt. Über ein halbes Jahr musste ich eine
Katze sezieren.
Prisma: Über ein halbes Jahr? Hat das nicht
fürchterlich gestunken?
Potente: Das hat schon von Anfang an fürchterlich
gestunken. Vor allem das Fett. Daher musst du zuallererst das
ganze Fettgewebe wegsezieren.
Prisma: Fies. Die ganzen Toten im
Anatomiesaal und den Kühlregalen sehen in deinem Film ja aus,
als würden sie auch nicht gerade duften.
Potente: Stimmt. Aber das waren natürlich Komparsen.
Die konnten einem ziemlich leid tun. Das ist Wahnsinn. Zum
Teil waren das 80-jährige Opis, die halbnackt in diesen
dunklen Fächern liegen mussten. Wir haben teilweise gar nicht
mehr dran gedacht, dass da jemand drinliegt.
Prisma: "Anatomie" ist dein erster Horror-
Thriller.
Potente: Ja. Das ist ein Genre, das in Deutschland
sehr vernachlässigt worden ist. Daher hat mich das auch so
interessiert. Unter allen Angeboten war noch nie ein Horror-
Film. Bei einem Thriller kann man mal so richtig auf die
Kacke hauen.
Prisma: Wie hast du auf die Kacke gehauen?
Potente: Naja, es gibt eben diesen klassischen
Showdown. Im Dunkeln kreischend durch die Gegend rennen. Hat
tierisch Spaß gemacht.
Prisma: Hast du vor deinem Freund Grimassen geübt?<
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Potente: Nein, aber es hat zum Beispiel geholfen, dass
jemand beim Dreh mit einem scharfen Skalpell hinter mir her
war.