Im Frühjahr 1882 verlässt der junge Giacomo Bertini sein sizilianisches Heimatdorf, um in der Fremde sein Glück zu suchen. Sein Traum erfüllt sich, er wird Kapellmeister eines populären Blasorchesters. Während eines Gastspiels in Hamburg kurz vor der Jahrhundertwende verliert er sein Herz an Emma Ossbahr aus Stockholm und bleibt mit ihr in der Hansestadt. Um die gleiche Zeit läßt sich die Hamburgerin Recha Seelmann, Tochter eines jüdischen Kaufmanns, von dem Schlossergesellen Rudolph Lehmberg erobern, dem es nichts ausmacht, die fünfjährige Lea, Rechas Tochter, gleich mitzuheiraten. Fünfzehn Jahre später, im vierten Jahr des Ersten Weltkrieges, verliebt sich die angehende Pianistin Lea Lehmberg in ihren Mitstudenten Alf Bertini, den Sohn Giacomos und Emmas. Für Alf, der wie sein Vater ausziehen will, um Europas Konzertsäle zu erobern, verzichtet Lea, die selbst hochbegabt ist, auf eine eigene Karriere. Als wir den Bertinis im November 1932 im Hamburger Arbeiterviertel Barmbek wiederbegegnen, ist Alfs Traum nicht in Erfüllung gegangen. Auf dem Höhepunkt der Weltwirtschaftskrise gibt es sechs Millionen Arbeitslose in Deutschland, und er ist einer von ihnen. Lea versorgt so gut es geht den Haushalt, ihren Mann und ihre drei Kinder, die Söhne Cesar, Roman und Ludwig, aber wenn ihre Eltern nicht immer wieder aushelfen würden, so wüßte sie oft nicht, was sie für ihre Familie auf den Tisch bringen und wovon sie am Ersten die Miete bezahlen sollte, denn mit dem bißchen, was sie als Klavierlehrerin dazuverdient, käme sie nicht weit, und Emma, Alfs Mutter, bräuchte selbst Hilfe. Auf Hitler, der am 30. Januar 1933 zum Reichskanzler ernannt wird, sind die Bertinis nicht gefasst. Von all ihren Sorgen war bis zu diesem Tag die geringste, daß Lea Jüdin ist. Im Johanneum, dem angesehensten Gymnasium Hamburgs, werden Cesar und Roman Bertini zusammen mit David Hanf, dem Sohn eines jüdischen Optikers aus der Barmbeker Nachbarschaft, von einem antisemitischen Lehrer mit dem Spitznamen Speckrolle gleich an ihrem ersten Schultag an den Pranger gestellt, und als Cesar und Roman später ihren neuen Freund David besuchen wollen, verwehrt ihnen eine brüllende SA-Wache den Zutritt zum Geschäft seines Vaters. Es ist der 1. April 1933, der Tag des Boykotts aller jüdischen Geschäfte, Ärzte und Rechtsanwälte. In der Lindenallee 113 klingelt es bei den Bertinis eines Morgens früh um vier an der Wohnungstür. Eine Mitbewohnerin hat sie aus nichtigem Anlaß bei der Polizei denunziert. Nie werden sie den Namen des Mannes erfahren, den die Kinder seines steifen Hutes wegen Melone nennen, und noch nie haben sie von dem Amt gehört, das ihn schickt. "Geheime Staatspolizei" steht auf der Dienstmarke, mit der er sich ausweist.