Franziska Meletzky hat mit "Vorwärts immer!" eine Komödie inszeniert, die durch ihren fast schon thrillerartigen Handlungsstrang keine großen Lacher mit sich bringt. Vor allem die starken ostdeutschen Darsteller hätten mehr verdient gehabt.
Es ist schon ein wenig gemein: Da kämpfte Produzent Philipp Weinges zehn Jahre lang ausdauernd dafür, eine nach eigener Aussage "relativ harmlose, aber liebevoll erzählte Honecker-Komödie" zu realisieren. Und dann, gut eine Woche, bevor "Vorwärts immer!" schließlich in die Kinos kommen sollte, zeigte ausgerechnet der Produktionspartner ARD mit "Willkommen bei den Honeckers" am Tag der Deutschen Einheit eine eigene relativ harmlose, aber liebevoll erzählte Honecker-Komödie. Die mit 3,8 Millionen Zuschauern sogar noch recht solide Quoten erzielte. Zwar erzählen die beiden Produktionen völlig unterschiedliche Geschichten – der TV-Film eine "ziemlich wahre" und der Kinofilm eine ziemlich erfundene. Aber ist das doch recht ähnliche Zielpublikum bereit für zwei Honecker-Komödien in so kurzer Zeit?
Denn daran, dass sich "Vorwärts immer" vorrangig an eine Ü50-Zuschauerschaft richtet, täuschen auch die jungen Gesichter von Josefine Preuß, Jacob Matschenz und Marc Benjamin nicht hinweg, die in der Posse größere Nebenrollen spielen: Der Ost-Rock-Soundtrack ist so dosiert, dass er im Zusammenspiel mit ausgesuchten DDR-Requisiten zwar Ostalgie-Gefühle aufkommen lässt, aber auch nicht weiter stört. Schnitt und Bildgestaltung entsprechen den Sehgewohnheiten des nicht ganz so experimentierfreudigen Teils der ARD-Zuschauer. Die sind mit Hauptdarsteller Jörg Schüttauf dank seines langjährigen "Tatort"-Engagements an der Seite von Andrea Sawatzki ohnehin vertraut.
Schüttauf spielt den DDR-bekannten Bühnenschauspieler Otto Wolf, der mitten in der Probe zum neuen, ungenehmigten Theaterstück "Vorwärts immer!" beunruhigende Nachrichten erhält: Seine geliebte Tochter Anne (Preuß) will in den Westen "rübermachen". Um ihren gefälschten Westpass abzuholen, ist Anne mit ihrem Freund Matti (Benjamin) und ihrem Fälscherkontakt August (Matschenz) auf dem Weg nach Leipzig. Dort, wo an jenem 9. Oktober 1989 Polizei- und Armeetrupps auf Anweisungen warten, wie mit den Tausenden Demonstranten zu verfahren sei, die sich dort seit einigen Montagen zum Protest sammelten. Als ein gut informierter Kollege Otto auch noch steckt, Honecker habe den Schießbefehl erteilt, ist für den liebenden Vater klar: Er muss seine Anne retten – und zwar in seiner Paraderolle Erich Honecker.
In Theaterverkleidung und einem Volvo, den der Schwager des Kollegen der Frau von Ottos Bühnenkameraden Hans organisiert hat – ja, so lief das damals –, bricht Otto zum Zentralkomitee auf. Denn nur von einem ganz bestimmten Telefon aus lässt sich der Schießbefehl zurücknehmen. Und da der echte Honecker gerade außer Haus ist, scheint die Gelegenheit günstig. Doch im Hauptquartier der DDR-Führung fällt der Genosse Honecker bald nicht nur durch merkwürdiges Benehmen auf: Ausgerechnet Margot Honecker (Hedi Kriegeskotte) läuft der falsche Generalsekretär in die Arme ...
Keine wirklich großen Lacher
Eine Hürde nach der nächsten stellt Drehbuchautor Markus Thebe auf, über die Regisseurin Franziska Meletzky den falschen Honecker in Slap-Stick-Manier stolpern lässt. Humor zugeschnitten auf Zuschauer, die mit den Filmen von Louis de Funès aufwuchsen, die sowohl im Osten als auch im Westen sehr beliebt waren. Dass sich trotz der vielen skurrilen Situationen, in die Otto gerät, keine wirklich großen Lacher ergeben, liegt vermutlich an dem schon fast thrillerartigen Handlungsstrang, den die "Tatort"-erprobte Regisseurin immer wieder zwischenschneidet: Anne und ihre zwei Begleiter liefern sich in Leipzig nämlich gefährliche Verfolgungsjagden mit diensteifrigen Stasi-Schergen.
Dass die Komödie dadurch ihren Erzählton nie richtig findet, ist vor allem deshalb schade, weil sie einigen wirklich begnadeten ostdeutschen Darstellern, die viel zu selten im Rampenlicht stehen dürfen, mal eine große Bühne bietet: Nicht nur der Chemnitzer Schüttauf hätte in gesamtdeutschen Filmen öfter als zuletzt eine Hauptrolle verdient, auch die beiden Dresdner Steffen Scheumann und Stephan Grossmann hinterlassen in ihren kleinen Rollen großen Eindruck.
Quelle: teleschau – der Mediendienst