Im "Goldenen Handschuh" versäuft der Serienmörder Fritz Honka (Jonas Dassler) seinen kargen Lohn.
Fatih Akin hat Heinz Strunks Bestseller "Der Goldene Handschuh" verfilmt - als nihilistische Gewaltorgie.

Der Goldene Handschuh

KINOSTART: 21.02.2019 • Horror • D (2019) • 115 MINUTEN
Lesermeinung
prisma-Redaktion
Originaltitel
Der goldene Handschuh
Produktionsdatum
2019
Produktionsland
D
Filmstudio
Bombero International, Pathé, Warner Bros. Film Productions Germany
Laufzeit
115 Minuten
Regie
Music

Filmkritik

Ein Film wie ein Bahnhofsklo
von Sven Hauberg

Fatih Akin erzählt mit voyeuristischem Blick vom Hamburger Serienmörder Fritz Honka. Von Heinz Strunks Romanvorlage ist vor allem der Gestank geblieben.

Fritz Honka braucht erst mal ein Glas Korn. Einer Leiche den Kopf absägen, das hat er schließlich noch nie gemacht. Kalt und aufgedunsen liegt sie vor ihm, die Frau, die er in seiner kleinen Dachgeschosswohnung ermordet hat. Jetzt muss sie weg. Also greift Honka zur Säge. Noch ein Schluck, dann macht er sich an die Arbeit. Auf dem Plattenspieler dreht derweil die Adamo-Schnulze "Es geht eine Träne auf Reisen" ihre traurigen Runden, und von der Wand lächeln die Pin-up-Girls.

Schon nach wenigen Minuten geht es in Fatih Akins Mörderballade "Der Goldene Handschuh" heftig zur Sache. Immer dann, wenn es blutig wird, dreht Akin die Kamera zwar ein Stück zur Seite. Das Mikrofon aber bleibt an, und so wird die Schlachterarbeit, die Honka verrichtet, zur magenumdrehenden Tortur. Der Sounddesigner ist offenbar bei einem Metzger in die Lehre gegangen.

Fritz Honka, genannt Fiete, geboren 1935 in Leipzig, tötete in den 70er-Jahren in Hamburg mindestens vier Frauen. Honka war ein kleiner, hässlicher Mann. Er schielte, war nach einem Arbeitsunfall und mehreren Prügeleien schwer entstellt. Jonas Dassler, ein junger, gutaussehender Newcomer, spielt ihn nun. Mit mächtig viel Spachtelmasse im Gesicht wird er in Akins Film zu einem sächselnden Frankenstein mit Alkoholproblem.

Seine Opfer lernt Honka in Säuferkneipen wie dem "Goldenen Handschuh" kennen. Erst ab vier Uhr morgens hat der Laden offen, hier treffen sich die Obdachlosen, die Alkoholabhängigen, die Verlierer. Heinz Strunk hat diesen stinkenden, grindigen Mikrokosmos in seinem Bestseller "Der Goldene Handschuh" bis ins letzte schmutzige Detail ausformuliert. Im "Handschuh" tummeln sich Gestalten wie "Soldaten-Norbert", "Doornkaat-Willy" und "Tampon-Günther" und ertränken die Nacht in billigem Fusel. Honka, ein penibler Mensch, ist hier ein kleiner König. Denn er hat Geld, zumindest ein bisschen. Damit kauft er sich Schnaps und schleppt hin und wieder auch eine Frau ab, die er dann in seiner dreckigen Wohnung vergewaltigt und manchmal auch tötet.

Strunk hat in seinem Buch diesen Opfern ein Gesicht und eine Biografie gegeben. In Akins Verfilmung sind sie hingegen austauschbare Fleischberge, die einer nach dem anderen von Honka zerlegt werden. Die Leichenteile stapelt er, in blutige Laken gehüllt, in seine Wohnung. Nie haben Kinobilder so gestunken wie hier.

Nur ganz selten interessiert sich Akin wirklich für seine Figuren. Für die obdachlose Rentnerin Gerda Voss (Margarethe Tiesel) , die Honka auf ein "Fanta-Korn" einlädt, macht er eine Ausnahme. "Ich heiße Gerda, und möchte mich nur bedanken", flüstert sie "Fiete" herzerweichend ins Ohr und erzählt ihm von ihrer Tochter, die sie seit Jahren nicht mehr gesehen hat. Doch das Mitleid, das der Zuschauer mit dem fülligen Großmütterchen hat, nutzt Akin wenig später eiskalt aus, für noch mehr Gewalt- und Elendsporno. Der schwarze Humor, mit dem er Honkas Geschichte erzählt, ist derb. "Lachen und Kotzen sitzen nebeneinander in der Kehle", sagt eine der Frauen, die in Honkas Fänge geraten. Strunks feinen Witz sucht man hier vergeblich.

"Der Goldene Handschuh" ist ein Buch über Menschen, die auch ein Vierteljahrhundert nach dem Krieg noch nichts verarbeitet haben. Honkas Vater war im KZ, eines seiner Opfer war Zwangsprostituierte im Vernichtungslager, "Soldaten-Norbert" war bei der Waffen-SS. Traumata, die nicht therapiert, sondern in ordentlich Doornkaat und Heintje-Platten ersäuft werden. Aber auch das interessiert Akin nur am Rande.

"Ich hoffe, dass mein Film die Leute erschüttert, vor allem die Männer", erklärte der Regisseur auf der Berlinale, wo sein Film Weltpremiere feierte. "Ich glaube, indem ich Männern wirklich zeige, wie traurig, wie gemein und wie hässlich Gewalt gegen Frauen ist, bringe ich sie zum Nachdenken." In seinem Film aber erstickt er jedes Fünkchen Menschlichkeit unter Blut, Kotze und Korn. Wer will, darf in diesem Gekröse nach einer Botschaft graben. Aber wahrscheinlich ist da gar nichts.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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