Mit einer Kerze bewaffnet stellt sich Yakov (Dave Davis) der dunklen Macht.
Eine Nacht lang muss im Gruselstreifen "The Vigil - Die Totenwache" ein junger Mann, der seiner jüdisch-orthodoxen Gemeinde den Rücken gekehrt hat, auf einen Verstorbenen aufpassen.

The Vigil - Die Totenwache

KINOSTART: 23.07.2020 • Horror • USA (2019) • 90 MINUTEN
Lesermeinung
prisma-Redaktion
Originaltitel
The Vigil
Produktionsdatum
2019
Produktionsland
USA
Einspielergebnis
742.476 USD
Laufzeit
90 Minuten

Filmkritik

Der Totenwächter und seine Dämonen
Von Christopher Diekhaus

In seinem kammerspielartigen Kinodebüt konfrontiert Keith Thomas einen jungen Mann mit einem Dämon aus dem jüdischen Kulturkreis. Den spannenden Hintergrund und die Gruselgeschichte führt der Regisseur allerdings nicht überzeugend genug zusammen.

Eine komplette Nacht mit einem Verstorbenen zu verbringen, neben ihm zu sitzen und auf ihn aufzupassen, das kann ein ganz schön unheimlicher Gedanke sein. Regisseur und Drehbuchautor Keith Thomas nutzt dieses Szenario nun in seinem ersten abendfüllenden Spielfilm, um eine Geisterbegegnung zu schildern. Die Besonderheit von "The Vigil – Die Totenwache" liegt in seiner Verortung: Besessenheitsschocker gibt es viele; nur wenige konzentrieren sich jedoch auf den jüdischen Glauben und ein jüdisches Umfeld.

Hauptfigur des Schauerstreifens ist ein junger Mann namens Yakov (Dave Davis), der in den Anfangsminuten an einem Gesprächskreis teilnimmt. Die Anwesenden, das kristallisiert sich aus den Unterhaltungen langsam heraus, haben ihrem jüdisch-orthodoxen Milieu den Rücken gekehrt, sind auf der Suche nach einem Neuanfang und müssen offenbar an den Umgang mit der Gesellschaft wieder herangeführt werden. Nach der Sitzung tritt ein Rabbi (Menashe Lustig) aus seiner alten chassidischen Gemeinde mit einer Bitte an Yakov heran. Für eine Nacht soll er die Aufgabe des Schomers, eines Totenwächters, übernehmen. Da der vom Glauben Abgefallene dringend Geld benötigt, willigt er trotz aller Vorbehalte ein. Doch im Haus des Verschiedenen, über dessen toten Körper er wachen soll, macht er im Beisein der demenzkranken Witwe (Lynn Cohen) die Bekanntschaft eines aggressiven Dämons.

Manche US-Kritiker nahmen in ihren Rezensionen zu Keith Thomas' Film Bezug auf William Friedkins Horrorklassiker "Der Exorzist". Der dadurch geschürten Erwartungshaltung kann "The Vigil – Die Totenwache" allerdings nicht standhalten. Das Maßstäbe setzende Meisterwerk aus dem Jahr 1973 spielt definitiv in einer anderen Liga. Einen reizvollen Rahmen hat der auf jüdische Traditionen zurückgreifende Debütfilm "The Vigil" aber allemal.

Vertraute Horrorelemente

Regisseur Thomas konzentriert sich auf einen kurzen Zeitabschnitt und grenzt seine Geschichte auch räumlich ein. Allein aus dieser Verdichtung entsteht eine Grundspannung, die mit bewährten Gruselmitteln wie undefinierbaren Geräuschen, flackernden Lichtern und umher huschenden Schatten verstärkt werden soll. Erfahrene Horrorgucker dürfte der Spuk aber nicht wirklich aus den Sitzen reißen, zumal die genreüblichen, mit einem Anschwellen der Tonspur einhergehenden Geisterbahneffekte selten variieren. Auch wenn kleine Wirkungstreffer gelingen, fehlt den meisten Buh-Attacken der Esprit, um handfeste Verstörung zu erzeugen.

Das von Keith Thomas selbstverfasste Drehbuch ist vor allem deshalb interessant, weil es die dämonische Ebene mit den allzu weltlichen Schrecken des Antisemitismus und des Holocaust verknüpft. Yakov schleppt nämlich einen Verlust mit sich herum, für den er sich selbst verantwortlich macht. In der Auseinandersetzung mit der unheimlichen Präsenz, die auf den Namen Mazik hört, muss er sich schließlich seinem eigenen Trauma stellen.

Bedauerlicherweise arbeitet der Regisseur seine ambitionierten Ideen nicht sorgfältig genug aus und verpasst es dadurch, die angestrebte emotionale Kraft richtig zu entfalten. Nach schlanken 83 Minuten ist "The Vigil – Die Totenwache" auch schon vorüber. Und gleich mit Einsetzen des Abspanns wird man das Gefühl nicht los, dass gerade der Schlussakt zu hastig über die Bühne gegangen ist.

Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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