Im so ergreifenden wie erschütternden Organspende-Drama "Das Leben meiner Tochter" muss ein Vater entscheiden, wie weit er zu gehen bereit ist, damit seine todkranke Tochter ein neues Herz bekommt. Ein Film von brisanter Aktualität.
Eben noch klärt Jana (Maggie Valentina Salomon) ihren Eltern, dass bumsen heute ablaichen, einparken oder durchflöten heißt. Dann muss sich das achtjährige Mädchen übergeben, ein paar Stunden später sind Atmung und Puls weg. Ein Albtraum für die Eltern Natalie (Alwara Höfels) und Michael (Christoph Bach). Die Reanimation gelingt zwar, doch Jana braucht ein Spenderherz. Das aber ist in Deutschland nicht einfach. Ohne auf die Tränendrüse zu drücken, beschäftigt sich Autor und Regisseur Steffen Weinert in dem gleichermaßen ergreifenden wie erschütternden Film "Das Leben meiner Tochter" mit dem aktuell sehr kontrovers diskutierten Thema Organspende.
"Die Wahrscheinlichkeit, dass Ihre Tochter eine Herztransplantation braucht, ist sehr hoch", sagt die Ärztin (Barbara Philipp) und bereitet Janas Eltern auf acht Monate Wartezeit vor. Solange wird das Mädchen an eine Maschine angeschlossen, die ihr Herz unterstützt. Natalie und Michael nehmen das alles relativ gefasst auf, Regisseur Weinert inszenierte sein Familien- und Beziehungsdrama erstaunlich klar und nüchtern, mit unaufgeregten Bildern und dezenter Musik. Im Mittelpunkt stehen die Figuren und ihre Entwicklung.
Ein Jahr später gibt es freilich noch immer kein Spenderherz für Jana. Das ist nicht verwunderlich, wenn man sich aktuelle Statistiken ansieht. In Deutschland gilt bei Organspenden das Prinzip der ausdrücklichen Zustimmung. Obwohl die Spendenbereitschaft in Deutschland laut Umfragen bei 80 Prozent liegt, hat nur ein Drittel der Bevölkerung einen Organspendeausweis. Jedes Jahr sterben 2.000 Menschen, die auf entsprechenden Wartelisten stehen, weil sie nicht rechtzeitig ein Spenderorgan erhalten.
Spenderherz auf dem Schwarzmarkt
So nüchtern die Fakten sind, so hitzig ist die Diskussion über eine gesetzliche Neuregelung der Organspende. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) schwebt eine Lösung vor, die jeden Erwachsenen automatisch zum Spender macht, sofern er nicht zu Lebzeiten widerspricht. Eine parteiübergreifende Gruppe von Parlamentariern will mit dem Vorschlag einer "strikten Zustimmungslösung" am Prinzip der Freiwilligkeit festhalten, die Bürger aber besser aufklären, beraten und ermutigen, sich in ein Organspenderegister einzutragen. Egal, wie man zum Thema Organspende steht, für die meisten Menschen ist es abstrakt und weit weg vom Lebensalltag. Für Michael hingegen geht es ganz konkret um das Leben seiner Tochter. In seiner ohnehin liebenswürdigen Art macht ihn Christoph Bach zu einem verzweifelten Jedermann, mit dem man mitfühlen kann.
"Was ist besser?", fragt Michael seine Frau. "Jana legal sterben zu sehen oder ihr illegal helfen?" Er will ein Spenderherz auf dem Schwarzmarkt "besorgen". Dass "besorgen" ein Verb ist, das im Sinne von "einkaufen" benutzt wird, also wenn man für Geld Milch, Brot oder Käse bekommt, ist ihm zunächst egal. Doch in Rumänien wird ihm klar, dass es durchaus möglich ist, dass für die Ware Spenderherz andere Kinder umgebracht werden.
Obwohl Steffen Weinert im letzten Drittel seines Films in den Thrillermodus schaltet, bleibt er taktvoll und unaufdringlich. Letztendlich sieht man sich als Zuschauer unweigerlich mit der Frage konfrontiert, wie weit man selber gehen würde, um das eigene Kind zu retten. Und ob es nicht an der Zeit wäre, sich aktiv und ergebnisoffen mit dem Thema Organspende auseinanderzusetzen.
Quelle: teleschau – der Mediendienst