Er gilt als einer der größten deutschen Filmemacher unserer Zeit, und womöglich hätte Andreas Dresen auch einen hervorragenden Geschichtslehrer abgegeben. Oder gerade auch nicht. Die nötige Passion bringt er zweifellos mit, und über die Jahre (sprich: über seine Filme) hat er eine Menge Wissen angehäuft. Aber das, was mehr oder weniger immer gleich in jedem Geschichtsbuch steht, die großen Namen und die großen Daten, das interessiert ihn gar nicht so sehr. Auch in seinem neuen Film "In Liebe, eure Hilde" kommt wieder Dresens ganz spezieller Blick auf die Historie zum Tragen.
Spannende menschliche Dramen, die in der allgemeinen Geschichtsschreibung eher zwischen den Zeilen oder nur als Randnotizen stattfinden – genau da schaut Andreas Dresen gerne genauer hin. Oft ging es dabei in der Vergangenheit um die DDR oder die Wendezeit. Man denke etwa an Dresens 1991er-Debütfilm "Stilles Land", die Roman-Adaption "Als wir träumten" über eine DDR-Jugendclique oder sein Biopic über den DDR-Liedermacher Gerhard Gundermann ("Gundermann"). Nachdem er zuletzt mit "Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush" ein noch recht junges Kapitel der Geschichte aufgriff, springen er und seine Stamm-Autorin Laila Stieler (es ist bereits ihr achter gemeinsamer Film) jetzt mit "In Liebe, eure Hilde" acht Jahrzehnte zurück – mitten hinein in die Zeit des Nationalsozialismus.
"Rote Kapelle", wem sagt das was? Die Nazis fassten unter diesem Begriff mehrere lose verbundene Widerstandsgruppen zusammen, die unerbittlich verfolgt wurden. Hans und Hilde Coppi gehörten nicht zu den prominentesten Widerständlern von damals, aber es ist genug von ihnen überliefert, um daraus ein bewegendes Narrativ zu stricken, das auch wieder viel über die damalige Zeit erzählt. Arzthelferin Hilde (Liv Lisa Fries) schließt sich 1942 dem Widerstand an, lernt in diesem Milieu auch ihren Hans (Johannes Hegemann) kennen und lieben. Allein, es ist in dieser Welt nicht viel Raum für Liebe und Romantik – schon gar nicht für diejenigen, die sich gegen das Regime stellen.