José Luis Sampedros Roman "Das etruskische Lächeln" ist ein Klassiker der spanischen Literatur. Gerade die Abwesenheit von Sentimentalität macht das Werk des 2013 verstorbenen Autors zu einem Buch, das trotz oder vielleicht gerade deswegen mit seiner Geschichte zu berühren weiß. Leider haben das offenbar weder die Regisseure Oded Binnun und Mihal Brezis noch Kult-Produzent Arthur Cohn verstanden und die filmische Umsetzung zu einem klischeehaften und emotionsüberladenen Pseudodrama verkommen lassen. Diese Interpretation zaubert einem kein Lächeln auf das Gesicht ...
Rory MacNail (Brian Cox) ist ein störrischer, alter Mann und verlebt seine alltägliche Routine auf einer abgelegenen, schottischen Insel. Als er schwer krank wird, muss er für eine Behandlung raus aus seiner gewohnten Umgebung, hinein in das quirlige San Francisco. Praktischerweise in genau die Stadt, in der sein ihm entfremdeter Sohn Ian (JJ Feild) gemeinsam mit Frau Emily (Thora Birch) und Sohn Jamie lebt. Gezwungenermaßen muss Rory zu seinem Sohn ziehen – und das geht natürlich nicht lange gut.
Denn der Alte hat seine ganz eigenen Regeln und sieht es nicht ein, sich an die seiner Familie zu halten. Die Situation droht spätestens dann zu eskalieren, als Rory seinem Sohn vorwirft, den kleinen Jamie zu verhätscheln und seine Wurzeln zu vergessen. Doch als der Stinkstiefel während eines Ausflugs zufällig auf die charmante Museumskuratorin Claudia (Rosanna Arquette) trifft, kommt Bewegung in sein starres Denken. Könnte Rory auf seine alten Tage noch zufrieden werden und sich sogar das Verhältnis zu seinem Sohn verbessern?
Erzwungene Vorhersehbarkeit
Rory wird sterben. Das verrät nicht nur der Titel, der sich auf die antiken Tonstatuen von Verstorbenen mit einem Lächeln auf den Lippen bezieht, sondern auch Rory selbst. Ständig. Mindestens genau so oft, wie die Tatsache, dass er zuvor noch erleben möchte, wie sein Enkel zum ersten Mal spricht. Diese erzwungene Vorhersehbarkeit der Geschichte macht den Verlauf des Films nicht nur unglaublich unspannend, sondern bietet den Charakteren auch kaum Platz, sich zu entfalten. Wie auch, wenn das Drehbuch so klischeehaft dahertrampelt.
Natürlich sind Großstadteltern karriereorientiert und unglücklich. Natürlich gibt es Generationskonflikte – vor allem zwischen den beiden Welten San Francisco und schottischer Einsamkeit. Und natürlich wendet sich schlussendlich alles zum Guten. Die Frage ist nur, auf wessen Kosten. Ganz klar auf die der Zuschauer: Denn niemand hätte von Arthur Cohn erwartet, dass er dem Publikum so wenig zutraut. Wie auf dem Präsentierteller liegen die Zutaten mundgerecht bereit, und niemand muss mehr nachdenken und eins und eins zusammenzählen. "Das etruskische Lächeln" schafft es nicht, die eh schon offensichtliche Geschichte mit Leben zu füllen.
Zwar ist Brian Cox seine Rolle des "grumpy old man" auf den Leib geschneidert, das nutzt aber nichts, wenn es der Figur an Glaubwürdigkeit fehlt. Während JJ Feild durchaus versucht hat, zu zeigen, was in ihm steckt, wirken vor allem die weiblichen Rollen fade und austauschbar. Das und die Problematik der absoluten und dadurch langweiligen Vorhersehbarkeit lassen dem Zuschauer das Lächeln einfrieren. Damit das nicht passiert, wäre es sicher sinnvoller, zu Hause zu bleiben und die Romanvorlage von Sampedros zu lesen. Damit macht man auf keinen Fall etwas falsch.
Quelle: teleschau – der Mediendienst