Drei Rentner verdingen sich in "Enkel für Anfänger" als Aushilfs-Großeltern. Dabei arbeiten sie sich mit der Humorkeule an den Tücken des Alters, hyperaktiven Kindern und komischen Eltern ab.
Goldene Zeiten? Die sind vorbei, egal, was die Werbung mit all den hyperaktiven Greisen in engen Jeans und auf schnellen Motorrädern verspricht. Die Wirklichkeit für deutsche Durchschnittsrentner ist beige. Beige wie in langweilig. Dass sich immer noch rüstige Rentner in "Enkel für Anfänger" als Leih-Omas und Leih-Opas ein bisschen Abwechslung ins Haus holen wollen, ist durchaus nachvollziehbar. Nur: Eine Horde wilder Patenenkel sind eine heftige Nummer, wenn man entweder keine Kinder hat, keine Kinder mag oder mit den eigenen Kindern seit Jahren nicht mehr spricht.
Wenn Generationen aufeinandertreffen, die aus verschiedenen Welten zu stammen scheinen, wenn sich extrem gegensätzliche Charaktere aneinander abarbeiten, dass die (Wort-)Fetzen nur so fliegen, dann kann das ziemlich heiter werden. Und ja, beim Humor hat Drehbuchautor Robert Löhr nicht gespart. Zumindest in der ersten Hälfte des Films, in der alte und junge Menschen aufeinander losgelassen werden, die so gar nicht zueinander passen: ein hyperaktiver Junge auf eine besonnene Hausfrau, ein russischstämmiges Mobbingopfer auf einen Misanthropen, ein überbraves Öko-Elternkind auf eine Hippie-Anarchistin. Die Reibung, die dabei entsteht, bedient zwar jede Menge Stereotypen, gebiert aber euch einige köstliche Hinterfotzigkeiten.
Vor allem Heiner Lauterbach darf als schwuler Arzt dem Leben an sich und der Jugend im Besonderen herrlich feindselig gegenüberstehen, darf schimpfen, pöbeln prügeln und Vorurteile bedienen. Die großartige Barbara Sukowa hat nach all den starken, sehr ernsthaften Frauen aus Fassbinder- und von-Trotta-Filmen so richtig Lust, als Komödiantin die Sau rauszulassen.
Mit welcher Leichtigkeit sie den Regeln des Lebens die wilden Locken entgegenschleudert, ist umwerfend witzig, aber auch nie übertrieben. Allein wie sie ihre Vaginalkugeln (die Dinger sehen aus wie Raffaellos, flutschen aber besser) im Kühlschrank anpreist, ist einfach köstlich. Auch Maren Kroymann als vom Beige des Alters gelangweilte Rentnerin und Günther-Maria Halmer als ihr unsterblich in dieselbe Farbe verliebter Gatte geben ihre Figuren bei allem Witz nie der Lächerlichkeit preis.
Schade nur, dass die Inszenierung von Regisseur Wolfgang Groos schnell zerfasert und sich Konflikte allzu bereitwillig in Selbstgefallen auflösen, inklusive einer gefährlichen Liebschaft zwischen einer Paten-Oma und einem Kindsvater. Ganz davon abgesehen, dass Groos davon ausgeht, dass sich Kinder und ihre Paten-Großeltern, also wildfremde Menschen, auf Anhieb in unerschütterlicher Zuneigung ergeben sind, arbeitet er viel mit der frontalpädagogischen Humorkeule. Die war freilich noch nie unterhaltsam, geschweige denn lustig.
Seine starken Momente hat der Film immer dann, wenn er leise wird und nicht mehr um seine Klischees kreist, sondern genau beobachtet, wie das denn wirklich so ist mit dem Älterwerden. Dann zeigen Wolfgang Groos und Robert Löhr eine Gesellschaft, die Ruhe gebrauchen könnte und das auch weiß, aber die niemandem Ruhe gönnt. Auch nicht den Großeltern, die den Kindern das geben, was sie von ihren Eltern nicht bekommen: Gelassenheit und ein offenes Ohr.
Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH