Irgendwo in der Prärie Amerikas, die Idylle scheint perfekt: Der Mann sägt das Holz, die Frau sitzt mit den kleinen Kindern im gemütlichen Holzhaus und erteilt ihnen Heimunterricht. Alles wirkt friedlich - bis am Horizont mehrere Reiter auftauchen. Der Mann greift zur Waffe. Sie sollten sich verstecken, ruft er seiner Frau und den Kindern zu, während die Reiter immer näherkommen. Es sind Komantschen. Nur wenige Minuten später sind der Mann und die drei Kinder der Siedlerfamilie tot, das Haus ist abgebrannt. Mit dieser brutalen Szene beginnt "Feinde - Hostiles" - ein bildgewaltiges Western-Epos, ein schwerer Brocken mit stolzen 134 Minuten Spielzeit, der aber nicht eine Minute zu lang ist.
"Feinde - Hostiles" spielt im Jahre 1892 in New Mexico, jene Anfangsszene ist nur das Vorspiel. Der verdiente Offizier Joseph Blocker (Christian Bale), der dafür bekannt ist, in seiner Dienstzeit besonders viele Rothäute getötet zu haben, steht kurz vor der Pensionierung. Als letzte Amtshandlung soll er auf Wunsch des Präsidenten den todkranken Cheyenne-Häuptling Yellow Hawk (Wes Studi) - einen seiner Erzfeinde, der die vergangenen sieben Jahre im Gefängnis verbrachte - in dessen Stammesland Montana begleiten. Blocker, der nach Jahren des blutigen Krieges zwischen Weißen und Indianern voller Hass ist, passt das natürlich gar nicht, doch er hat keine Wahl. Und so macht er sich gemeinsam mit einer Gruppe Soldaten und der Familie von Yellow Hawk auf den langen Weg.
Die Tour geht durch atemberaubende Landschaften - eine Kameraeinstellung ist schöner als die nächste. Ruhe und Stille prägen den Film. Und natürlich muss die ungleiche Truppe sich unterwegs Herausforderungen und Gefahren stellen. Sie trifft auf die traumatisierte Siedlerin Rosalie Quaid (Rosamund Pike) und wird selbst von Komantschen überfallen. Jeder Einzelne muss sich zudem mit sich selbst und seiner Vergangenheit auseinandersetzen. Denn je länger die Gruppe unterwegs ist, desto mehr scheinen die Grenzen zwischen Feind und Verbündetem zu verschwimmen. Dabei gerät nicht nur Captain Joseph Blockers Weltbild ins Wanken.
Schauspieler, Regisseur, Drehbuchautor und Produzent Scott Cooper, der für sein Regiedebüt "Crazy Heart" (2009) mit diversen Preisen ausgezeichnet wurde und zuletzt für das Gangster-Drama "Black Mass" (2015) verantwortlich war, gelingt ein ebenso spannender wie bewegender Film. Christian Bale als verbitterter Offizier ist brillant, doch vor allem punktet "Feinde - Hostiles" mit seiner offensichtlichen Botschaft. Denn wenngleich der Film vor 126 Jahren spielt, könnte er aktueller kaum sein. Verpackt in der Western-Parabel spielt Cooper auf den Rassismus in den USA an. Wenn die Protagonisten auf ihrer Reise bis zum letzten Tropfen Blut für ein gemeinsames Amerika kämpfen, nimmt er damit klar Bezug auf die Gegenwart. Der Film handelt von Liebe und Hass, Gnade und Vergebung, es geht um die Angst vor dem Fremden, um Mitgefühl und Nächstenliebe - und darum, dass Menschen nur durch Begegnungen zueinander finden können.