Nachdem die Waffen an seine Hände geschraubt wurden, flüchtet Miles (Daniel Radcliffe) in kampfuntauglichem Outfit aus dem Haus.
In "Guns Akimbo" wird aus dem von Daniel Radcliffe gespielten Programmierer ein Waffennarr wider Willen.

Guns Akimbo

KINOSTART: 25.06.2020 • Komödie • GB/D/NZ (2019) • 97 MINUTEN
Lesermeinung
prisma-Redaktion
Originaltitel
Guns Akimbo
Produktionsdatum
2019
Produktionsland
GB/D/NZ
Einspielergebnis
835.102 USD
Laufzeit
97 Minuten

Filmkritik

Miles mit den Pistolenhänden
Von Christopher Diekhaus

Ein nerdiger Programmierer findet sich eines Tages mitten in einem tödlichen Live-Action-Spiel wieder – und hantiert dabei mit zwei Waffen herum, die an seine Hände geschraubt wurden. Aus dieser absurden Prämisse entspringt ein hochtouriger Krawallstreifen in Videogame-Optik: "Guns Akimbo".

Untrennbar mit einer prominenten Rolle verbunden zu sein, kann für Schauspieler zu einer Belastung werden. Diese Erfahrung dürfte auch der Brite Daniel Radcliffe gemacht haben, in dem man noch heute vor allem einen sieht: den niedlichen Darsteller des Zauberlehrlings Harry Potter. Wer seine Filmografie in den letzten Jahren aufmerksam verfolgt hat, müsste es jedoch besser wissen. Immerhin hat Radcliffe nach dem Ende der Potter-Reihe einiges dafür getan, um sich von Harry zu emanzipieren. Als Beweise lassen sich etwa die originelle Tragikomödie "Swiss Army Man" und der eindringliche Undercover-Thriller "Imperium" heranziehen.

Den nächsten Schritt in der Abnabelung von seinem Image unternimmt der 30-Jährige nun mit der adrenalingetränkten, zum Teil in Deutschland gedrehten Actionsatire "Guns Akimbo", deren Titel sich auf eine Art des Kampfes aus der Gamer-Szene bezieht, bei der zwei Waffen gleichzeitig mit beiden Händen geführt werden. Radcliffe verkörpert hier den wenig erfolgreichen Spielentwickler Miles, der auch als ironisch kommentierender Erzähler auftritt und sich am Anfang selbst pointiert beschreibt: Hinter der Tastatur sei er ein Terminator, im wahren Leben jedoch ein Niemand.

Seinen täglichen Frust lädt der junge Mann in diversen Internetforen ab, wo er User und Trolle systematisch provoziert und beleidigt. In sein Visier gerät irgendwann die Plattform der Darknet-Sensation "Skizm", einer mörderischen, live übertragenen Menschenjagd. Riktor (gruselig geschminkt: Ned Dennehy), der diesen modernen Gladiatorenkampf veranstaltet, lässt die Beschimpfungen allerdings nicht auf sich sitzen und steht nur wenig später vor der Tür, um Miles eine besondere Lektion zu erteilen. Seine Schergen schrauben dem verdutzten Programmierer in einer blutigen Operation zwei Waffen an die Hände, mit denen er am "Skizm"-Irrsinn teilnehmen muss. Seine Gegnerin ist ausgerechnet die vollkommen durchgeknallte Nix (Samara Weaving). Und zu allem Überfluss gerät auch noch seine von ihm noch immer angehimmelte Ex-Freundin Nova (Natasha Liu Bordizzo) in Gefahr.

Vom Start weg ist "Guns Akimbo" ein wilder Ritt, der dem Publikum nur wenig Luft zum Atmen lässt. Schnelle Schnitte, Zeitlupen, eine umherwirbelnde Kamera, optische Spielereien wie im Bild erscheinende Textnachrichten – Regisseur und Drehbuchautor Jason Lei Howden ("Deathgasm") zieht alle möglichen Register, um das Tempo hochzuhalten und eine aufgeheizte Videospiel-Atmosphäre zu kreieren. Radcliffe füllt die Rolle des zunächst heillos überforderten Nerds überzeugend aus. Und gerade die ersten Gehversuche mit den anmontierten Knarren betonen die Absurdität der Grundidee auf amüsante Weise. Pinkeln mit zwei Pistolen an den Händen ist ein echtes Abenteuer, wie Miles leidvoll erfahren muss.

Howdens energiegeladene, mitreißende, betont comichafte Inszenierung macht die Extremsituation des Protagonisten konkret spürbar. Erzählerisch hat der Actionparcours allerdings nicht viel zu bieten, wenngleich ab und an Charakterhintergründe eingestreut werden. Der Versuch, den Figuren etwas Fleisch zu geben, kommt über halbgare Ansätze nicht hinaus. Die meisten Handlungsvolten kündigen sich weit im Voraus an und werden mitunter im Nachhinein auch noch zu Tode erklärt. Pubertäre Peniswitze sorgen ebenso für müdes Achselzucken wie Miles' abrupte Wandlung zum unerschrockenen Killer gegen Ende.

Einen merkwürdigen Nachgeschmack hinterlässt ferner die unentschlossene Haltung des Regisseurs zu seiner Geschichte. Einerseits prangert Howden die Abstumpfung, den Voyeurismus und die Hate-Kultur unserer stark digital geprägten Gesellschaft an. Andererseits weidet sich der Film jedoch regelrecht an der gezeigten Gewaltspirale – und bedient damit genau die Dinge, die er wiederholt kritisiert.

Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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