Da waren sie noch vereint: Wegen der überstürzten Flucht aus Deutschland muss Anna (Riva Krymalowski) ihr geliebtes rosa Stoffkaninchen zurücklassen.
"Als Hitler das rosa Kaninchen stahl" überzeugt als stilles Drama einer jüdischen Flüchtlingsfamilie während der 1930er-Jahre.

Als Hitler das rosa Kaninchen stahl

KINOSTART: 26.12.2019 • Drama • D (2018) • 119 MINUTEN
Lesermeinung
prisma-Redaktion
Produktionsdatum
2018
Produktionsland
D
Laufzeit
119 Minuten

Filmkritik

Abenteuer Abschied nehmen
Von Julian Weinberger

16 Jahre nach ihrem Oscar-Erfolg mit "Nirgendwo in Afrika"widmet sich Caroline Link in der Bestsellerverfilmung "Als Hitler das rosa Kaninchen stahl" erneut dem Schicksal einer jüdischen Flüchtlingsfamilie – diesmal aber aus der Perspektive eines jungen Mädchens.

Anna kauert unter einem Tisch. Offenbar versteckt sie sich vor jemandem – und das ausgerechnet bei einer Faschingsfeier. Während um sie herum Kinder die ausgelassene Stimmung genießen und fröhlich herumtoben, verhüllt die herunterhängende Tischdecke beinahe vollkommen die Sicht auf das kleine Mädchen. Trotzdem kommen ihr ein paar Jungs auf die Schliche. Sie tragen braune Uniformen, eine Hakenkreuzarmbinde, kurzum: Sie sind als Nazis kostümiert. Die Eingangsszene von "Als Hitler das rosa Kaninchen stahl" steht stellvertretend für die ganze Bestsellerverfilmung nach dem autobiografisch geprägten Roman (1971) von Judith Kerr: Obwohl er während der NS-Zeit spielt, wahrt Caroline Links Familienfilm einen optimistischen Grundton.

Anfang 1933 führt Anna (Riva Krymalowski) mit ihrem älteren Bruder Max (Marinus Hohmann) und ihren Eltern Dorothea (Carla Juri) und Arthur (Oliver Masucci) ein unbeschwertes Leben in einer schicken Wohnung in Berlin. Doch als eines Abends das Telefon schellt, wird das Leben der jüdischen Familie auf den Kopf gestellt. Arthur, ein namhafter und gleichsam radikaler Theater- und Politikkritiker, soll bei einem Wahlsieg der Nazis verhaftet werden, so die Warnung eines ihm wohlgesonnenen Polizisten. Aus Angst setzt sich die Familie nach Zürich ab – ein schwerer Gang für die Kempers. Besonders Anna fällt der Abschied von der geliebten Haushälterin Heimpi (Ursula Werner) und ihrem abgewetzten rosa Stoffkaninchen schwer.

In einem Gasthof in einem Schweizer Bergdorf wird die Familie von den Betreibern, dem Ehepaar Zwirn (Rahel Hubacher und Peter Bantli), herzlich empfangen. Aber der Gedanke an die Heimat schmerzt, und für die Kinder sind die Eingewöhnung in der neuen Schule und der ungewohnte Dialekt schwierig. Auch der berufliche Einstieg Arthurs in der Alpenrepublik gestaltet sich kompliziert, und Aufträge bleiben rar. Deshalb zieht die Familie bald nach Paris weiter, wo sie sich bessere Perspektiven erhofft. Doch in der französischen Hauptstadt wird das Exildasein nicht unbedingt leichter ...

Im Unterschied zu anderen Filmen, die zur Zeit des sogenannten Dritten Reiches spielen, konzentriert sich "Als Hitler das rosa Kaninchen stahl" nicht auf den vordergründigen Horror der Nazizeit. Der Film von Oscarpreisträgerin Caroline Link ("Nirgendwo in Afrika") erzählt stattdessen sehr behutsam und still vom Schicksal und den Entbehrungen einer jüdischen Familie im Zweiten Weltkrieg. Melancholischen Momenten, etwa Dorotheas Sehnsucht nach ihrem geliebten Klavier, setzt der Film einen ansteckenden Optimismus entgegen, den besonders die Kinder ausleben. Während Anna und Max zunächst noch ihre deutsche Heimat vermissen, begreifen sie die Flucht schon bald als Abenteuer und werden durch erste Erfolgserlebnisse bestärkt. Nicht umsonst bezeichnete Judith Kerr, die im Mai 2019 im Alter von 95 Jahren verstarb, ihre Flucht als "schönste Zeit ihres Lebens".

Dennoch: Mit wohldosierten Einschüben kommt auch der Schrecken der angehenden Naziherrschaft zum Tragen. Kurz nach dem Aufbruch in die Schweiz werden die Besitztümer der Kempers in Deutschland konfisziert. Später wird auf Arthur ein Kopfgeld ausgesetzt, und sein treuer Freund Julius (Justus von Dohnányi) berichtet ihm, seine Werke seien Opfer der Bücherverbrennung geworden. Außerdem müssen sich die Kempers auch im Exil antisemitische Beleidigungen gefallen lassen. Trotzdem verliert Arthur, dem Oliver Masucci eine eindrückliche Aura verleiht, nie seinen Stolz.

Indem sie die schwierige Situation der Familie Kemper und gleichzeitig die historischen Umstände einfängt, beweist Caroline Link nach dem Kinoerfolg von "Der Junge muss an die frische Luft" (2018) erneut ihr Talent für Familiengeschichten – und für den Umgang mit Nachwuchsdarstellern. Die elfjährige Riva Krymalowski, die Anna verkörpert, überzeugt bei in Schauspieldebüt mit einer kindlichen Unbekümmertheit in den heiteren und einer bemerkenswerten Emotionalität in den stillen Momenten. Mit ihrem Talent setzte sich Krymalowski im Casting gegen fast 1.000 Konkurrentinnen durch. Zur Buchautorin Judith Kerr hat das Mädchen übrigens eine ganz besondere Beziehung: Die Sechstklässlerin besucht nämlich dieselbe Schule in Berlin-Grunewald, auf die einst auch Kerr ging.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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