Stan Laurel (Steve Coogan, links) und Oliver Hardy (John C. Reilly) fühlen sich auch auf der Bühne wohl.
Das Biopic "Stan und Ollie" hat mehrheitlich die letzte große Tournee des Duos zum Thema.

Stan & Ollie

KINOSTART: 09.05.2019 • Komödie • GB (2018) • 99 MINUTEN
Lesermeinung
prisma-Redaktion
Originaltitel
Stan & Ollie
Produktionsdatum
2018
Produktionsland
GB
Budget
10.000.000 USD
Einspielergebnis
24.420.923 USD
Laufzeit
99 Minuten

Filmkritik

Laurel, Hardy und ihre wunderbare Reise
Von Kai-Oliver Derks

Laurel und Hardy zählen zu den größten Komikern der Filmgeschichte. Der schlicht"Stan & Ollie" betitelte FIlm schildert die Ereignisse rund um ihre letzte gemeinsame Tournee. Eine zauberhafte Hommage ...

Viele Künstler des vergangenen Jahrhunderts geraten in Vergessenheit. Das bringt unsere Zeit, in der es fast ausschließlich um Moderne geht und in der Nostalgie nichts mehr Schönes, sondern als Ewiggestriges verrufen ist. Laurel und Hardy wird es nicht anders ergehen. Zumal sie Komiker waren. Humor als Kunstform ist eben nicht zeitlos, und insofern sind es auch Laurel und Hardy nicht. Ihre Filme sind im Fernsehen, wie auch die Chaplins, Keatons oder Lloyds, selten geworden und finden sich, wenn überhaupt, noch in Spartenprogrammen. Jetzt kommt eine Art Biopic über "Stan & Ollie" in die Kinos. Schön wäre es, wenn dieser wunderbare Film die beiden noch ein bisschen über die Jahre retten würde. Ihre treuen Fans werden ihn ohnehin lieben. Und wenn er seinen Teil dazu beitragen könnte, dass nur ein neuer Anhänger dieser beiden Genies gefunden würde, hätte er seinen Zweck schon erfüllt.

"Stan und Ollie" versteht sich nicht als große filmische Biografie, wie es etwa Richard Attenboroughs brillantes Biopic "Chaplin" (1992) war. Mehrheitlich erzählt der Film aus den letzten gemeinsamen aktiven Jahren der beiden Komiker Stan Laurel und Oliver Hardy, die sie nach 1953 auf eine Tour durch Großbritannien führten. Grundlage für die Geschichte ist das nicht in deutscher Sprache erschienene Buch "Laurel and Hardy – The British Tours" (1993) von A. J. Marriot, das diese Zeit in den Mittelpunkt rückt. Doch zumindest der Beginn des Films besteht aus einem zauberhaft inszenierten Rückblick, der die Brillanz des Duos einerseits erklärt, andererseits aber auch Aufschluss darüber gibt, warum es in späteren Jahren ab und an zu Streitereien zwischen den beiden kam.

Sechs Minuten lang ohne Schnitt dauert diese erste Szene, die alleine den Gang ins Kino rechtfertigt. Die Kamera begleitet Stan Laurel (Steve Coogan) und Oliver Hardy (John C. Reilly) auf dem Weg aus ihrer Garderobe über ein Hollywood-Studiogelände ans Set und in ein Gespräch mit Studiochef Hal Roach (Danny Huston). Er war es, der das gemeinsame Potenzial der beiden Schauspieler erkannte, die zuvor schon alleine erfolgreich gewesen waren.

Steve Coogan und John C. Reilly sind Stan und Ollie

Die Sequenz gipfelt in einer minutiös nachgestellten Tanzszene der beiden Männer aus dem Film "Zwei ritten nach Texas", die in die Filmgeschichte einging. Coogan und Reilly, so wird berichtet, trainierten für diese wenigen Minuten akribisch. Tatsächlich entstand eine brillante Kopie in Farbe, die die betörende Leichtigkeit des Duos widerspiegelt und sogar die kleinen Fehler des Originals in der Choreografie beinhaltet. Es ist der Moment, in dem der Zuschauer, der ja ein klares Bild von Laurel und Hardy vor Augen hat, vergisst, dass es sich hier um zwei andere Männer handelt. Fortan sind Steve Coogan und John C. Reilly Stan und Ollie.

Laurel galt nicht nur als der kreative Kopf des Duos, der nahezu alle Sketche schrieb. Er führte auch in der Regel die Verhandlungen mit den Produzenten und Partnern. So auch hier. Er weigerte sich, Hal Roachs neuen Vertrag zu unterschreiben, der aus Laurels Sicht finanziell nicht lukrativ genug war. Oliver Hardy indes blieb bei Roach, halb aus Bequemlichkeit, halb aus Feigheit wohl. Er drehte mit "Zenobia" sogar für Roach einen Film gemeinsam mit Harry Langdon. Stan Laurel trug seinem Partner diesen "Verrat" lange nach.

"Robin Hood" – eine Komödie über den Rächer der Enterbten hätten sich Laurel und Hardy gewünscht, und dieser Traum, der nie in Erfüllung ging, zieht sich wie ein roter Faden des Scheiterns durch den Film, der danach im Jahr 1953 einsetzt. Die beiden Schauspieler haben ihre erfolgreichsten Zeiten hinter sich. Ohneeinander, das wissen sie inzwischen, können sie nicht. Sie begeben sich auf eine Tour durch das England und Irland der Nachkriegszeit. Die noch immer geschundenen Nationen freuen sich auf den prominenten Besuch, doch die Theater, wo Stan und Ollie in einem eigenen Bühnenprogramm unter anderem ihre berühmtesten Sketche aufführen, mögen sich nicht recht füllen.

Der Film begleitet sie bei ihren Versuchen, die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit wieder auf sich zu lenken. Der Lächerlichkeit preisgibt er sie nie. Hier sind zwei in Würde gealterte Gentlemen, die tun, was sie eben tun müssen, um weiter Geld zu verdienen. Und tatsächlich stellt sich nach und nach der Erfolg wieder ein.

Regisseur Jon S. Baird entwickelt in der Folge auf der Basis des akribisch recherchierten Drehbuchs von Jeff Pope vor allem einen Film über eine Freundschaft mit Höhen und Tiefen. Streit und Zuneigung wechseln sich ab. Genau beschrieben wird dabei auch die Rolle der beiden Ehefrauen, die irgendwann nach London reisen, um ihren Männern beizustehen, die aber vor allem die Interessen ihres jeweiligen Partners vertreten. Während sich Ollies dritte Ehefrau Lucille (Shirley Henderson) eher als liebevolle, um die angeschlagene Gesundheit ihres Manns besorgte Gattin gibt, ist Ida Laurel (Nina Arianda), die russischstämmige fünfte Ehefrau Stans, resoluter. Stellenweise nimmt die Beziehung dieser beiden ungleichen Damen einen fast genauso großen Anteil des Films ein wie die ihrer Männer.

Viele Fragen bleiben unbeantwortet – und das ist vielleicht gut so

Es ist eine jener Phasen, in denen man bedauert, dass sich die Macher bei ihrer Hommage an die beiden Legenden nicht für ein großes Biopic, sondern nur für die Schilderung eines überschaubaren Zeitabschnitts entschieden. Man fragt sich, woran die anderen Ehen zugrunde gingen. Will wissen, wie die Männer diejenigen wurden, die sie am Ende waren. Welche persönlichen Stärken und Schwächen sie hatten. Aber womöglich erfüllt sich in diesen Momenten auch der Wunsch der Verantwortlichen, die Neugier auf die legendären Komiker in der heutigen Zeit noch einmal neu zu entfachen.

Dass "Stan & Ollie" am Ende ein so unglaublich unterhaltsamer und charmanter Film geworden ist, liegt in besonderer Weise an seinen beiden Hauptdarstellern, denen die Ehrfurcht vor den Originalen auf positive Weise anzumerken ist. Vier Stunden saß John C. Reilly täglich in der Maske, und auch bei Steve Coogan wurde reichlich Hand angelegt, was zum Beispiel Kinn und Zähne betrifft. Bei ihren ersten Auftritten in voller Montur soll fassungsloses Schweigen am Set geherrscht haben. Zu Recht. Die beiden Schauspieler setzen hier eines der grandiosesten Denkmäler, die alte Hollywood-Größen vom neuen Hollywood jemals erhalten haben. Ein bisschen zu freundlich vielleicht, ein bisschen zu gutherzig. Aber eben mit einem allumfassenden Respekt versehen, der die strenge Rollenverteilung im Duo beachtet, beide aber nicht zu Klischees verkommen lässt.

"Stan & Ollie" verschweigt viel, auch was die letzten Jahre des Duos betrifft. Das schmerzliche Scheitern ihres letzten gemeinsamen Films "Atoll K" etwa, der zwei Jahre vor der Tour entstand ist und den sich Stan Laurel niemals angesehen haben soll. Als Kontrast zum schönen Bühnencomeback auf der Insel wäre er essenziell gewesen. "Stan & Ollie" geht nicht ein auf die letzten entbehrungsreichen Jahre von Oliver Hardy, den ein Schlaganfall 1956 schwer zeichnete. Und nicht auf die einsame Zeit Stan Laurels danach, der nie mehr eine große Bühne betrat und selbst einen Ehrenoscar nicht abholte, weil er das ohne Oliver Hardy an seiner Seite nicht mehr als richtig empfand.

Natürlich: Es gäbe noch so viel zu berichten über diese zwei Herren, die fraglos Filmgeschichte geschrieben haben und bis heute von vielen Komikern als Vorbilder genannt werden. Aber womöglich ist es auch gut, dass sie – anders als die gläsernen großen Hollywood-Komödianten von heute – noch ein paar Rätsel umgeben dürfen. Das erhält den Zauber, der viele ihrer Filme bis heute umgibt.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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