In Nachbars Garten ist das Gras grüner. Ist auch der freilaufende Mann attraktiver als der eigene? Dies klärt Pepe Danquart in einer charmant durchdachten Romanverfilmung.
In jeder Beziehung ist früher oder später die Luft raus. Die magische Anziehungskraft des Partners könnte nachlassen, einfach weil man dauerhaft ein Schlafzimmer teilt oder weil der andere mehr mit seinem Beruf verheiratet ist. Möglich ist auch eine Mischung der beiden Dinge. Und wenn man dann nach drei, vier oder fünf Jahren in dieser Situation ist, scheint: "Auf der anderen Seite ist das Gras viel grüner." Der neue Film von Pepe Danquart zu diesem Thema hält mehr, als er zunächst verspricht.
Kurzfilm-Oscarpreisträger Danquart, man hätte es sich denken können, macht kein laues Sommerkomödchen. Und auch die Besetzung mit Jessica Schwarz und Felix Klare sprechen für den Film, obwohl dessen Plakat an eher unterdurchschnittliche filmische Lustigkeiten aus den 90er-Jahren erinnert. Zeit wird hier keine verloren, nach drei Minuten landen die wenig begnadete Autofahrerin Kati (Schwarz) und der junge Arzt Felix (Klare) im Bett. Während des Vorspanns allerdings verabschiedet sich bereits das Knistern, fünf Jahre ziehen ins Land, die Aufregung schwindet. Beide beschäftigen sich mit ihrem Alltag, was bei Felix heißt, Tag und Nacht Leben zu retten und für Kati, gern auch mal für die Chefin einzuspringen.
Autofahren kann Kati auch fünf Jahre später nicht, improvisieren hingegen ganz gut. So lernt sie den Künstler Mathias (Christoph Letkowski) kennen, der offenbar auch interessiert ist. Schon die Ärzte sangen von der Frage "Ist es wirklich Liebe oder find ich dich nur toll?", die Kati nun beantworten muss.
Eine Weile klammert sie sich noch an ihre erste Wahl Felix, der sie wegen Arbeitsstress immer auf morgen vertröstet. Will sie so zusammen alt werden? Bevor es zu intellektuellen Verrenkungen kommt, erhält Kati eine andere Chance. Nach einem Unfall landet plötzlich fünf Jahre in der Vergangenheit, quasi am Anfang des Films, kurz vor dem Moment, in dem sie Felix kennenlernt. Die alternative Story: Ein Unterfangen, das im Kino immer wieder schiefgeht, denn kann man diese Idee nicht erzählerisch sauber lösen, lässt den Zuschauer mit Fragen und berechtigten Einwänden zurück.
Hier geht es ganz einfach: Mit dem Wissen, das sie hat, schaut sie genauer hin und entdeckt den Mann, in den sie sich verlieben wird, einen Augenblick eher und erhält eine neue Information. In der Annahme, dass er nicht der Richtige ist, macht sich die freundliche Chaotin auf zum Künstler, dessen Eroberung keine leichte Aufgabe ist. Auch ihren Freundinnen Linda (Pheline Roggan) und Marlene (Elena Uhlig) greift sie unaufdringlich unter die Arme. Den in diesem "neuen" Leben will sie alles richtig machen.
Pepe Danquart, der seit 1980 Filme dreht, nimmt die Vorlage von Buchautorin Kerstin Gier und das daraus entstandene Skript von Stefan Barth, Katrin Milhahn und Antonia Rothenberg ernst. Viele durchdachte Details bewahren die innere Logik der Konstruktion und die sympathischen Darsteller laden ein, mitzugehen bei dem Versuch, Dinge besser zu machen. Zudem darf insbesondere Jessica Schwarz ihr komödiantisches Talent zeigen, was von einem Intermezzo mit Briefkasten gekrönt wird.
Außerdem tragen die sehr fein besetzten Nebenrollen mit Judy Winter, Juliane Köhler, Adnan Maral oder Oliver Korittke zum Gelingen bei. Vor allem ist es aber dieser elegante Abgang, der "Auf der anderen Seite ist das Gras viel grüner" zu einer echten Konkurrenz für Leanders Haußmanns jüngst gestartete Adaption von "Das Pubertier" macht. Denn auf dieser Seite der Leinwand gibt es eine Aussage, die zur Weiterempfehlung führen könnte. Danquarts Beitrag endet mit einer schlichten und passenden Erkenntnis: Man kann die Zeit nicht zurückdrehen.
Quelle: teleschau – der mediendienst