Eine Soap Opera wird zum Politikum – nicht unähnlich dem Film selbst, der mit reichlich Humor ein unangenehmes Thema anpackt, sich aber klare Schuldzuweisungen verkneift: "Tel Aviv on Fire" ist clevere Unterhaltung mit reichlich Tiefgang.
Es gibt Filme, die kann man in dem sicheren Wissen genießen, dass ein amerikanisches Remake niemals kommen wird. Weil die Geschichte so sehr auf eine Region und auf die Menschen darin zugeschnitten ist, dass sie sich nicht übertragen lässt. Das ist auch bei "Tel Aviv on Fire" so, dem dritten Film des palästinischen Filmemachers Sameh Zoabi, der sich zuvor schon des (stockenden) Friedensprozesses zwischen Israelis und Palästinensern angenommen hat, sich dem Thema nun aber auf humorige Art und Weise nähert.
Der Film beginnt mit Szenen, die herrlich unwirklich erscheinen. Weil sie der (fiktiven) arabischen Seifenoper "Tel Aviv on Fire" entstammen, die von der Zeit vor dem Sechstagekrieg erzählt. Die romantische Serie handelt von einer arabischen Spionin, die einem israelischen General näherkommt, aber zwischen Pflicht und Liebe schwankt. Dieser grelle Seifenoper-Look steht in hartem Kontrast zum eigentlichen Film, der im Hier und Jetzt spielt und mit Salam (Kais Nashif) eine Hauptfigur hat, die bei der Serienproduktion als Berater für die hebräischen Dialoge zuständig ist, dann jedoch in den Autorenstab aufsteigt.
Aber "Tel Aviv on Fire" versteht sich nicht als Erfolgsgeschichte eines Außenseiters, sondern erhöht den Druck auf die Hauptfigur, als diese von palästinensischem Gebiet nach Jerusalem überwechseln will und am Checkpoint herausgezogen wird. Der Kommandant Assi (Yaniv Biton) ist, anders als seine Frau, nicht unbedingt ein Fan der Serie, die Salam zu verantworten hat. Als Assi nun die Gelegenheit hat, mit dem Autor zu sprechen, nutzt er sie.
Ihm ist seine Macht bewusst, und schon bald gibt er Salam fertig ausgearbeitete Szenen, die die Geschichte der Soap in seinem Sinne vorantreiben. Salam wiederum lässt sich gerne ausnutzen, denn Ideen hat er nur wenige. Wenn er schreibt, dann das, was er um sich herum aufschnappt. So beginnt eine mehr oder weniger fruchtbare Zusammenarbeit, bei der sich die ungleichen Perspektiven des Palästinensers und des Israelis aber immer stärker aneinander reiben.
Regisseur Sameh Zoabi hat mit "Tel Aviv on Fire" einen Film gedreht, der immer dann ernst ist, wenn es nötig ist, der aber auch eine gewisse Leichtigkeit besitzt. Immer wieder ist "Tel Aviv on Fire" ein hoch politischer Film. Etwa dann, wenn Assi und Salam über eine neue Szene diskutieren und ihre unterschiedlichen politischen Überzeugungen die Oberhand gewinnen. Vor allem lebt der Film von seinem leisen Humor. Dann nämlich, wenn Salam in alle Richtungen gezerrt wird und jedermanns Agenda entsprechen soll, was die weitere Entwicklung der Soap betrifft. Unbeirrt versucht er, seinen eigenen Zielen gerecht zu werden.
Sameh Zoabi und sein Koautor Dan Kleinman schaffen es trotz der vor allem palästinischen Sichtweise des Films, beide Seiten zu berücksichtigen – nicht immer zu deren Vorteil. "Tel Aviv on Fire" ist weniger ein Film über Versöhnung oder über den Friedensprozess als vielmehr eine Erzählung über Menschen, die in ihrer eigenen Erlebniswelt gefangen sind. Eine Lösung bietet auch dieser Film nicht. Aber wenn beide Seiten im Lachen vereint sind, dann ist das zumindest ein Anfang.
Quelle: teleschau – der Mediendienst