David Gordon Greens Horrorfilm haucht Genre-Kultfigur Michael Myers neues Leben ein und stellt dem Killer geballte Frauenpower gegenüber.
Er gilt als Meister des Horrors und hat vielen Zuschauern unvergessliche Schreckensbilder geschenkt. Spätestens seit dem straff inszenierten Schocker "Halloween - Die Nacht des Grauens" von 1978 ist der Name John Carpenter aus dem Universum des abgründigen Filmschaffens nicht mehr wegzudenken. Mit seiner dritten Regiearbeit legte der US-Amerikaner nicht nur die Konventionen des sogenannten Slasher-Kinos fest, sondern ließ in Gestalt des psychopathischen Killers Michael Myers auch eine der langlebigsten und einflussreichsten Albtraumfiguren auf das Publikum los. Sieben Fortsetzungen sowie ein Remake samt eigenem Sequel erblickten im Anschluss das Licht der Welt und werden nun um ein weiteres "Halloween"-Kapitel ergänzt.
Der mit eigenwilligen und schrägen Independent-Filmen bekannt gewordene David Gordon Green ("Prince Avalanche") setzt direkt an Carpenters Originalwerk an, blendet die Geschehnisse und Offenbarungen der anderen Teile aber aus. Auch 40 Jahre nach der brutalen Mordserie im beschaulichen Haddonfield hat die damals nur knapp dem Tod entronnene Laurie Strode (zum fünften Mal in dieser Rolle: Jamie Lee Curtis) mit dem Erlebten zu kämpfen.
Abgeschottet von der Außenwelt, haust die traumatisierte Frau in einer festungsartigen Hütte und pflegt ein äußerst angespanntes Verhältnis zu ihrer Tochter Karen (Judy Greer). Als Michael Myers (James Jude Courtney und Nick Castle), der Verantwortliche für das Blutbad, von einer psychiatrischen Klinik in ein Hochsicherheitsgefängnis verlegt werden soll, kommt es zur Katastrophe. Nach einem Unfall kann der Mörder fliehen und macht sich zielstrebig auf den Weg in seine Heimatstadt, wo sich Lauries Enkelin Allyson (Andi Matichak) auf eine Halloween-Party vorbereitet.
Die Fortsetzung beginnt mit einem beunruhigenden Prolog, der allerdings nicht an die Verstörungskraft der legendären Auftaktsequenz aus dem Carpenter-Klassiker heranreicht. Zwei Journalisten (Rhian Rees und Jefferson Hall) nähern sich vorsichtig dem seit vier Jahrzehnten inhaftierten Myers an, zeigen ihm die weiße Maske, die er bei den Morden trug, und versuchen vergeblich, dem Killer ein paar Worte zu entlocken.
Trotz einer plakativen Darstellung der psychisch kranken Mitpatienten schafft es Green, die Spannungsschraube kontinuierlich anzuziehen. Abrupte Schnitte, das beinahe surreal anmutende Schachbrettmuster des Klinikhofes, Michaels durchweg stoische Haltung und die im Gegensatz dazu immer hysterischeren Reaktionen der anderen Insassen verdichten sich zu einer Sinfonie des Grauens, die vor allem eines unterstreichen soll: Myers ist eine Ausgeburt des Bösen, nicht fähig zu menschlichen Regungen.
Laurie bezeichnet den Massenmörder passenderweise als Ding, als eine unheimliche Naturgewalt, die um jeden Preis vernichtet werden muss. Green und seine Koautoren Danny McBride und Jeff Fradley statteten die bereits aus dem Ursprungsfilm bekannte Protagonistin mit einer gesunden Portion Härte aus, lassen aber auch eine tiefe, von den Gewalterfahrungen herrührende Verunsicherung aufblitzen. Leider dekliniert der Film die Idee des Langzeittraumas etwas halbherzig durch und findet so nur eine oberflächliche Antwort auf die interessante Frage, ob ein Monster ein anderes Monster hervorbringen kann. Gerne hätte das Skript Strode noch ein Stück angeschlagener und besessener zeichnen dürfen.
Obwohl der neue "Halloween" einen Nebenstrang rund um Lauries Enkeltochter einführt, fällt die Geschichte ähnlich simpel und gradlinig aus wie bei Carpenter. Die starke Sogwirkung des ersten Teils überträgt sich jedoch nur bedingt auf Greens Sequel, da es neben beklemmenden Szenen auch so manchen verunglückten Horrormoment gibt. Ab und an bemüht das Drehbuch ausgelutschte Klischees. Mehr als einmal lassen sich die Figuren zu dümmlichen Äußerungen ("Ich bin Arzt, schließen Sie sich ein!") hinreißen. Und mitunter rauben die komödienerprobten Macher den Hetz- und Mordpassagen durch humorige Einwürfe ihre Bedrohlichkeit.
Angesichts eines netten kleinen Twists im Schlussakt und eines weitgehend souverän arrangierten Showdowns, der auf geballte Frauenpower setzt, fällt das Urteil über den Film letztlich aber zufriedenstellend aus. Ein echtes Schaudern erzeugt übrigens die von Carpenter, seinem Sohn Cody und Daniel A. Davies komponierte Musik, zu der auch eine schöne Abwandlung der ursprünglichen, durch Mark und Bein gehenden Titelmelodie gehört.
Quelle: teleschau – der Mediendienst